Zweite Taufe als Bekenntnis?

Antworten auf Fragen aus der Gemeinde

Frage:

Mich beschäftigt eine grundlegende Frage. Ich bin getauft und konfirmiert, aber ich musste mit der Zeit feststellen, dass ich das nur getan habe, weil es in meiner Familie Tradition ist. Erst durch die Junge Gemeinde ist mein Glaube gewachsen und durch private Probleme suchte ich Schutz und Trost bei Gott. Davor habe ich mich nicht für die Kirche interessiert.
Vor kurzem durfte ich eine Ganzkörper-Taufe miterleben. Es war die erste Taufe, bei der ich Gast war. Mich hat diese emotional sehr getroffen. Ich glaube, dass ich durch die Taufe/Konfirmation nicht bewusst „Ja“ zu Gott gesagt habe. Nun stehe ich vor der Frage, ob eine erneute Taufe richtig für mich wäre. Gibt es eine Möglichkeit, die Taufe zu wiederholen und somit ‚JA‘ zu Gott zu sagen?



Antwort:

Es ist sehr schön, dass Sie entdeckt haben, wieviel Ihnen der christliche Glaube bedeutet und dass Sie Ihr Verhältnis mit Gott befestigen möchten. In der Tat ist die Taufe dafür ein wichtiger und grundlegender Vorgang.
Allerdings wäre aus Sicht der Ev.-Luth. Landeskirche – und das ist auch meine persönliche tiefe Überzeugung – eine Wiederholung der Taufe der falsche Schritt und so ziemlich das Gegenteil von dem, was Sie eigentlich möchten.
Die Taufe ist ein Sakrament und damit ein Vorgang, in dem in erster Linie Gott an mir handelt und eine wirksame Veränderung hervorbringt. In der Taufe spricht Gott sein Ja zu mir, nimmt mich auf in seine Gemeinschaft. Dennoch ist meine Position dazu und damit der Glaube nicht unwichtig. Damit die Taufe in mir wirksam werden kann, bedarf es des Glaubens und des eigenen „Ja“ dazu, dass wir diesem Wirken Gottes in uns Raum geben.

Geschenk Gottes…

Insofern ist die Taufe wie ein großes Geschenk, das Gott uns überreicht hat. Wenn ich dieses Geschenk nur ins Regal stelle und vergesse, kann es mir nicht viel nützen. Es ist wichtig, dass ich es entdecke und auspacke, also im Glauben ergreife und aus dem Geschenk der Taufe lebe.

Ich lese aus Ihrem Schreiben, dass Sie jetzt an dieser Stelle sind: Sie haben Ihre Taufe entdeckt und den Schatz, der darin verborgen liegt. Sie sind Gott dankbar für seine Gnade und Zuwendung und möchten nun ihm etwas dafür zurückgeben, indem Sie dieser Dankbarkeit einen sichtbaren Ausdruck geben.

Darin kann ich Sie nur bestärken. Dafür sind verschiedene Formen denkbar. Sie können das im persönlichen Rahmen gestalten, indem Sie z. B. ihre Taufkerze anzünden, sich Ihren Taufspruch vergegenwärtigen und seinen Zusammenhang in der Bibel nachlesen und in einem persönlichen Gebet Gott ihren Dank für die Taufe und den Glauben ausdrücken. Daneben gibt es Formen, das Taufgedächtnis vor der Gemeinde im Gottesdienst zu feiern.

Eine Reihe von liturgischen Vorschlägen sind von der VELKD erarbeitet worden. Eine Handreichung dazu haben alle Kirchgemeinden zum Taufsonntag erhalten. Sprechen Sie mit Ihrer Pfarrerin bzw. Ihrem Pfarrer. Dort gibt es bestimmt großes Verständnis für Ihr Anliegen einer solchen Taufvergewisserung.

…in der Mülltonne?

Eine Wiederholung der Taufe wäre aber nicht das, was Sie eigentlich wollen. Im Bild gesprochen wäre das, wie wenn Sie das empfangene Geschenk in die Mülltonne werfen, um sich von ihrem eigenen Geld etwas Ähnliches im Laden zu kaufen, was vielleicht eine schönere Verpackung, aber niemals den gleichen Inhalt hat. Es wäre gerade nicht Ausdruck der Dankbarkeit gegenüber dem Geber des Geschenks, sondern beleidigt und enttäuscht ihn, weil Sie dann ihre eigene (Glaubens-)Leistung an die Stelle des Geschenks rücken würden.

Glauben messen?

Es bestehen in dieser Frage unterschiedliche Auffassungen zwischen der überwiegenden Zahl der Christenheit (Evangelisch, Katholisch, Orthodox, Anglikanisch, Methodistisch etc.) und einigen Freikirchen, welche die Kindertaufe ablehnen und den eigenen Glauben zu einer Vorbedingung der Taufe machen wollen. Diese Freikirchen haben recht, wenn sie betonen, dass die Taufe nicht einfach ein magisches Schutzritual ist, das vom Glauben völlig unabhängig wäre. Aber sie haben nicht recht, wenn sie meinen, dass ein bestimmtes Maß des persönlichen Glaubens die Taufe erst gültig machen würde. Wenn dem so wäre, dann könnte niemand auf seine Taufe vertrauen – denn wann weiß ich, wann ich das richtige und ausreichende Maß des Glaubens habe? Während meiner Armeezeit hatte ich einen Baptisten kennengelernt, der wirklich ein engagierter Christ war, aber seine Taufe immer weiter aufgeschoben hat, weil er sich nicht sicher war, dass er jetzt schon den richtigen Glauben hätte. Er hatte schon mehrere Bekehrungserlebnisse, die ihn immer tiefer in die Beziehung mit Gott geführt haben - aber gerade deshalb hielt er weitere Steigerungen dieses persönlichen Gottesverhältnisses für möglich. Dann wäre aber in der Rückschau der jetzige Glaube vergleichsweise schwach und unbedeutend und für ihn keine ausreichende Basis für die Taufe gewesen – und diese Gedanken hielten ihn von der Taufe ab. In solche Verirrungen kann man geraten, wenn der persönliche Glauben zur Vorbedingung der Taufe erklärt wird.

Taufvergewisserung

Ich möchte Sie darum bestärken, eine für Sie angemessene Form der Taufvergewisserung zu finden, in der Sie Ihr persönliches Ja zu ihrer bereits empfangenen und gültigen Taufe bekräftigen. Eine erneute Taufe würde statt dessen die Trennung von der Ev.-Luth. Landeskirche Sachsens bedeuten. Mit einer erneuten Taufe würden Sie implizit ihre erste Taufe für ungültig erklären. Mittelbar würde das dann als Botschaft auch für alle anderen als Kleinkind getauften Christen gelten. Wie soll die Gemeinschaft in der Kirchgemeinde funktionieren, wenn durch die Wiedertaufe die Gültigkeit der empfangenen Taufen bestritten wird? Aus diesem Grund kann die Landeskirche über so etwas nicht hinwegsehen.

Die Taufe als Zusage Gottes an uns bleibt bestehen, auch über Zeiten hinweg, in denen wir das vielleicht nicht erkannt und gelebt haben. Das ist für die Seelsorge von enormer Bedeutung. Wir können uns auf diese Zusage Gottes verlassen, weil er treu ist, auch wenn wir untreu werden und ihn zeitweise vergessen sollten. Martin Luther schrieb dazu:

„Wenn ich in den Dreck fall, so sehen meine Augen die Sonne wohl nicht. Aber dennoch bleibt die Sonne, und wenn ich mir die Augen auswasche, sehe ich sie wieder. Und wenn ich in den Keller gehe, so bleibt die Sonne auch, ich bin ihr nur davongegangen; wenn ich wieder herauskommen, so finde ich sie wieder. So ist die Taufe eine ewig Ding und bricht dir nicht. ... Was Gott gestiftet hat, muss bleiben und bricht nicht, wenn ich breche. Dass ich falle und breche, mag hingehen, aber die Taufe bricht niemals. Bin ich aus dem Schiff gefallen, so steig ich wieder hinein. Darum ist sie ein wahrhaftig Ding und ewiges Geschenk“.4

Ich wünsche Ihnen eine gelungene und eindrückliche Feier Ihrer Tauferinnerung.

Dr. Harald Lamprecht

ist Beauftragter für Weltanschauungs- und Sektenfragen der Ev.-Luth. Landeskirche Sachsens und Geschäftsführer des Evangelischen Bundes Sachsen.

Artikel-URL: https://www.confessio.de/artikel/310

Dieser Beitrag ist erschienen in Confessio 3/2013 ab Seite 14