Arthur S. DeMoss Foundation: Kraft zum Leben
Auf großen Plakatwänden, in Zeitungsbeilagen und bis vor kurzem auch mit Fernsehspots wird derzeit in einer aufwändigen Werbekampagne auf ein kleines blaues Buch mit dem Titel „Kraft zum Leben“ hingewiesen. Das Buch, das man sich kostenlos schicken lassen könne, soll zu einer neuen Beziehung zu Gott verhelfen. Prominente Gesichter werben für dieses Buch. Der Sänger Cliff Richard lächelt ebenso wie Golfprofi Bernhard Langer von den Plakatwänden und berichtet, wie ihm dieses Buch Kraft zum Leben gegeben hat.
Verunsicherungen
Verunsichert hat viele, dass die Urheber und Hintergründe dieser Kampagne nicht ohne weiteres zu erkennen waren. Ein Autor des Buches fand sich nirgends angegeben, selbst die Internetseiten unter www.kraftzumleben.de sind in dieser Beziehung äußerst mager. Lediglich ein Hinweis auf die hierzulande bislang weitgehend unbekannte „Arthur S. DeMoss-Stiftung“ ließ sich der Werbung in den Briefkästen entnehmen, die keine Spenden sammle oder akzeptiere.
Auf Rückfrage von Journalisten gab man sich äußerst zugeknöpft. Das mit der Entgegennahme der Anrufe beauftragte CallCenter wusste nichts näheres über die Auftraggeber. Die Organisatoren wollten nicht über die Stiftung sprechen. Pressekonferenzen gab es keine. Diese Heimlichtuerei und Reserviertheit weckte mancherorts Unbehagen und Verdächtigungen. Wer steckt dahinter? Was sind die wahren Ziele der Aktion?
Geldgeber
Die größten Befürchtungen lassen sich entkräften. Hinter der Aktion steht keine mysteriöse Sekte. Auch mit Scientology, wie von zahlreichen Anrufern gemutmaßt wurde, hat die Aktion nichts zu tun. Finanziert wird diese Werbeaktion von der amerikanischen DeMoss-Stiftung. Diese Stiftung verwaltet das Vermögen des 1979 verstorbenen christlichen Versicherungsunternehmers Arthur S. DeMoss, der verfügt hat, es zu missionarischen Zwecken zu verwenden.
Die DeMoss-Stiftung gehört zu dem konservativen evangelikalen Spektrum des amerikanischen Protestantismus. Sie fördert mit ihrem Geld entsprechende Projekte, von der Unterstützung von Abtreibungsgegnern über das Engagement für Pornographieverbot bis zur Beteiligung an Aktionen des Evangelisten Billy Graham.
Überzogene Kritik
An den konservativ–fundamentalistischen Positionen hat sich in den deutschen Medien eine heftige, zum Teil überzogene Kritik entzündet. Die Berichterstattung wurde mitunter im Stil eines Enthüllungsjournalismus vorgetragen, der nicht nur unterschwellig das Image der Stiftung schwer beschädigt hat. Es war die Rede von einer „radikal-christlichen Mammut-Organisation“ die sich im Gewand uneigennütziger Buchspender „verberge“ (taz) oder gar von „christlichen Taliban“ (REPORT). Auch Verbindungslinien zur Vereinigungskirche von Sun Myung Mun wurden gezogen. Allerdings betreffen die vorgeworfenen Kontakte zu Mun nicht etwa die Stiftung selbst, sondern einen anderen Prediger aus dem amerikanischen Konservativismus, Jerry Falwell, mit dem der Sohn des Stiftungsgründers befreundet ist.
Die Kritik ist auch darum überzogen, weil die durchaus streitbaren ethischen Engführungen der amerikanischen Evangelikalen weder in dem Buch noch in der Werbekampagne eine Rolle spielen. In der deutschen Aktion geht es allein um die Verteilung eines Buches, das eine Anleitung zum christlichen Glauben sein soll. Die Kritik an den Positionen des amerikanischen evangelikalen Spektrums wirkt in diesem Zusammenhang, als ob ich keinen Joghurt essen dürfte, bloß weil der Milchhof auch Buttermilch herstellt und diese mir nicht schmeckt. Die DeMoss-Stiftung fungiert in dieser Kampagne lediglich als Geldgeber. Welche anderen Projekte von diesen Geldgebern auch unterstützt werden, darf einen durchaus interessieren, hat aber keinen Einfluss auf die gegenwärtige Werbeaktion in Deutschland.
Das Buch
Der Hauptteil des Textes wurde bereits 1983 von dem amerikanischen Prediger Jamie Buckingham geschrieben und für die Ausgabe in Deutschland um ein Vorwort und Lebenszeugnisse der werbenden Prominenten ergänzt. Deren gemeinsame Aussage: Obwohl wir nach bürgerlichen Maßstäben erfolgreich waren und glücklich sein müssten, waren wir es nicht bis zu dem Tag, als Gott in unser Leben kam.
Der weitere Text bemüht sich mit einer sehr bildreichen Sprache um die Vermittlung von Grundanschauungen christlichen Glaubens. Dabei orientiert er sich an den vier „geistlichen Prinzipien“, wie sie auch in der Mission von Campus für Christus Verwendung finden:
- Gott liebt dich.
- Der Mensch ist sündig und von Gott getrennt.
- Jesus Christus ist der einzige Weg, sich Gott zu nähern.
- Jeder Mensch muss Christus persönlich annehmen.
Das Buch bemüht sich um Einfachheit und unmittelbare Praktizierbarkeit und gibt dazu viele direkte Handlungsanweisungen. Dies kommt der Intention entgegen, Menschen, denen das Christentum bisher weitgehend fremd war, einen Weg zu christlichem Leben zu zeigen. Dadurch wirkt es aber mitunter recht schematisch, geradezu kochbuchartig. Dies kann eine Hilfe sein, wenn man in dem noch neuen Glauben unsicher ist - und für solche Personen ist das Buch ja auch gedacht. Daneben gibt es auch noch viele andere Wege, Christ zu sein oder Christ zu werden. Die überaus zahlreichen Beispielgeschichten beschreiben amerikanische Situationen und transportieren amerikanisches Lebensgefühl – für deutsche Verhältnisse nur bedingt passend.
„Kraft zum Leben“ möchte den Lesern eine Anleitung zum Glauben sein und dazu grundlegende Einsichten vermitteln. Dagegen ist prinzipiell nichts einzuwenden. Allerdings darf man nicht dem Irrtum verfallen, darin sei die ganze Breite des christlichen Glaubens zum Ausdruck gebracht. Christentum ist mehr und vielfältiger, als es in diesem Buch deutlich werden kann. Dies sollte beim Umgang mit dem Buch nicht vergessen werden.
Managementfehler
Die DeMoss-Foundation hat bei der Werbekampagne in Deutschland einige große Fehler gemacht.
- Der erste Fehler war, nicht über die Geldgeber und ihre Motivation ausreichend zu informieren. Ziel war offenbar, die Stiftung selbst so weit wie möglich heraushalten zu wollen. Es sollte nicht die Stiftung, sondern das Buch bekannt gemacht werden. Das Gegenteil davon ist eingetreten. Inzwischen hat man darauf reagiert. Es gab in Hamburg eine Pressekonferenz (die erste in der Geschichte der Stiftung) und auf der Internetseite sind einige Erklärungen hinzugekommen.
- Ein anderer geradezu unverständlicher Mißstand sind die langen Lieferzeiten von 4-6 Wochen für Interessenten, bis sie das bestellte Buch tatsächlich bekommen. Wie soll man über das Buch reden, wenn man es nicht hat? Da bleibt ja nur, über die Hintergründe zu spekulieren.
- Der dritte schwerwiegende Fehler besteht darin, dass die Aktion in keiner Weise mit den bestehenden Kirchen bzw. Freikirchen in Deutschland verbunden oder abgestimmt war. Im Unterschied etwa zur Pro-Christ Veranstaltungsreihe, die eine breite Unterstützung auch innerhalb der evangelischen Landeskirchen erfahren hat, fehlt hier die Einbindung in Gemeindestrukturen. Es geht darum zwar keine Gefahr des Sektierertums von der Aktion aus, da sie keine Bindung an eine ganz spezielle christliche Gemeinschaft zum Ziel hat. Andererseits hätten viele Irritationen vermieden und die gesamte Aktion wesentlich erfolgreicher sein können, wenn Kirchen und Gemeinden mit einbezogen worden wären.
Insgesamt ist die Aktion aus meiner Sicht positiver zu beurteilen, als dies bislang in den Medien geschehen ist. Wenn offensiv für den Glauben geworben wird, ist das für deutsche Verhältnisse ungewöhnlich, aber darum nicht verwerflich. Die Aufgabe für die Kirchen besteht vor allem darin, diejenigen, die möglicherweise von dem Buch angesprochen wurden, in die bestehenden Gemeinden zu integrieren.
Harald Lamprecht (Confessio 1/2002)
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