Von Katholiken lernen

Ökumenische Impulse zur Familienkatechese
Evangelische und röm.-katholische Kirche haben in manchem eine verschiedene Entwicklungen genommen. Dabei gibt es Trennendes, hinter dem theologische Differenzen stehen. Es gibt andererseits auch Unterschiede, die zwar aus verschiedenen geschichtlichen Entwicklungen resultieren, aber nicht zugleich unüberwindliche theologische Gegensätze ausdrücken. Manchmal ermöglichen diese anderen Praktiken Erfahrungen, die auch für Christen anderer Konfessionen hilfreich sein können.

Problemfeld: Konfirmation und Abendmahl mit Kindern

Aus vielen evangelischen Gemeinden kann man Berichte über Schwierigkeiten mit der Konfirmandenarbeit hören. Das momentan übliche Konfirmationsalter mitten in der Pubertät stellt besondere pädagogische Anforderungen. Die Jugendlichen, die gerade extrem mit sich selbst und ihrer Stellung zu den Gleichaltrigen beschäftigt sind, sollen zugleich persönliche Lebensentscheidungen in Bezug auf ihren Glauben treffen. Das ist nicht einfach. Auch gelingt nicht immer der Übergang in die Jugendarbeit der Gemeinden und es wird quasi aus der Kirche „hinauskonfirmiert“ - ein schrecklicher Begriff, der aber leider oft vorhandene Realität beschreibt.

Zugleich empfinden viele Gemeinden es als theologisch und praktisch unangemessen, die getauften Kinder, die zur Gemeinde gehören und im christlichen Glauben aufwachsen, bis zur Konfirmation vom Abendmahl auszuschließen. In diesem Zusammenhang hat es bereits Klärungen gegeben. Die sächsische Landeskirche hat ein Gesetz erlassen, welches das Abendmahl mit Kindern ab einem Alter von 8 Jahren und unter Beachtung konkreter Rahmenbedingungen ermöglicht. Dies ist in vielen Gemeinden seit Jahrzehnten geübte Praxis. Dennoch bleibt in der Praxis manches dem Selbstlauf und der Initiative der Eltern überlassen. Das ist nicht gut, denn Unordnung und Wildwuchs sind einem Gegenstand wie dem Abendmahl nicht angemessen. Zudem vergibt man sich damit große Chancen für einen Gemeindeaufbau, der Glaubenswachstum und Beziehungspflege kombiniert.

Der Blick über den konfessionellen Tellerrand zu den Erfahrungen unserer römisch-katholischen Mitchristen mit dem Konzept der Familienkatechese kann in diesem Bereich sehr befruchtend wirken.

Erstkommunion als Familienkatechese

In der röm.-kath. Kirche ist traditionell die Erstkommunion von der Firmung getrennt und findet bereits im Alter von ca. 8 Jahren statt (3. Klasse). Von der Praxis in diesem Themenfeld berichtete auf Einladung des Evangelischen Bundes Sachsen Pfr. Baumgarten von der Pfarrei St. Petrus in Dresden-Strehlen. In dieser Stadtgemeinde stellte sich wie in vielen anderen Städten das Problem einer zunehmend hohen Mobilität durch Umzüge, was es Menschen schwerer macht, in der Gemeinde Fuß zu fassen. Wenn die Einführung der Kinder zur Erstkommunion als Familienkatechese unter Einbeziehung der Eltern gestaltet wird, bietet dies die Chance, die Einbindung der gesamten Familie in der Gemeinde zu stärken. Anregungen dazu kamen aus Lateinamerika, wo schon aus rein organisatorischen Gründen - ein Pfarrer ist für ca. 20 000 Gemeindeglieder verantwortlich - die religiöse Bildung wesentlich in der Familie erfolgen muss. Die Einsicht, dass die Katechese der Kinder nur über eine Katechese der Eltern wirkungsvoll zu erreichen ist, gilt auch für Deutschland.

Zu ergänzen ist ein weiterer Aspekt: Für ihre Kinder sind Eltern oft bereit, sehr viel zu tun. Sie suchen für sie die beste Schule aus, chauffieren sie zu Freizeitaktivitäten und kümmern sich um ihre Bildung. Das bedeutet praktisch, dass über die Kinder auch die Eltern in intensiveren Kontakt mit Angeboten der Gemeinde gebracht und in das Nachdenken über den eigenen Glauben einbezogen werden können. In diesem gemeinsamen Prozess entstehen jede Menge Beziehungen untereinander, Familien lernen sich kennen und erzählen einander von ihrem Glauben, was sonst viel zu selten geschieht. Die Erfahrung der Gemeinde in Dresden-Strehlen ist, dass nach Abschluss der Erstkommunion eine ganze Reihe Kinder zusätzlich in die Kindergruppen der Gemeinde gehen und auch der Gottesdienstbesuch der Erwachsenen spürbar zunimmt.

Verteilter Glaubenskurs

Das Konzept zur Familienkatechese wurde von Prof. Dr. Albert Biesinger, Tübingen, entwickelt und enthält hochwertig gestaltete und auf die Zielgruppen abgestimmte Unterrichtsmaterialien mit dem Titel „Gott mit neuen Augen sehen“ Wege zur Erstkommunion (Kösel 1999). Die Vorbereitung auf die Erstkommunion verläuft auf mehreren Ebenen:

a) Die Familien: Für die Familien gibt es ein spezielles Buch, dessen Abschnitte wöchentlich zusammen von Eltern und Kind durchgearbeitet werden sollen.

b) Kindergruppe: Einmal wöchentlich finden Treffen in der Kindergruppe statt, in denen die Themen, die zu Hause bearbeitet wurden, gemeinsam besprochen werden können.

c) Elterngruppe: Nach einem Einführungselternabend, bei dem das Konzept vorgestellt wird und die Materialien ausgegeben werden, finden einmal monatlich Treffen der Eltern statt. Auch dafür gibt es ein spezielles Buch, anhand dessen die Eltern auf die Themen vorbereitet werden können, die sie zu Hause mit ihren Kindern besprechen sollen. Zugleich haben diese Treffen die wichtige Funktion, die Eltern miteinander bekannt zu machen und in den Erfahrungsaustausch untereinander zu bringen. Über ihre Kinder finden so auch Eltern Zugang zu einem Gesprächskreis, die sonst nur für sich nicht dazu gekommen wären. Die Kinder- und Elternkatecheten, die diese Treffen leiten, können ebenfalls auf spezielles Unterrichtsmaterial zur Unterstützung zurückgreifen.

Gemeinsame Aktionen

Wesentlich in diesem Konzept sind über die regelmäßigen Treffen hinausgehende gemeinsame Aktionen. Dazu gehört eine gemeinsame Erstkommunionsfahrt in ein nahegelegenes Familienerholungsheim, für die die Kinder Schulbefreiung bekommen. Nach dem sächsischen Schulgesetz ist die Befreiung vom Schulunterricht für religiöse Bildung für bis zu zwei Tage im Jahr möglich. Die Inanspruchnahme dieser Regelung ermöglicht eine weitaus höhere Beteiligung, als wenn dies in den Ferien angeboten wird. Nachdem die Kinder zwei Tage unter sich waren und z.B. auch Brot gebacken und selbst Wein getreten haben, kommen am Wochenende die Eltern dazu. Es wird großer Wert darauf gelegt, dass möglichst alle Eltern und Kinder an dieser Fahrt teilnehmen. Nicht nur, dass die konzentrierte Zeit es ermöglicht, in dem Glaubenskurs voranzuschreiten. Das Erlebnis von Gemeinschaft ist noch wichtiger und hat eine hohe integrative Funktion insbesondere für nicht so stark in der Gemeinde verwurzelte oder neu zugezogene Familien.

Eingebettet ist dieses gemeinsame Wachsen im Glauben in eine Reihe liturgischer Feiern. Neben den Familiengottesdiensten gibt es einige spezielle Handlungen, die auf die Erstkommunikanten bezogen sind:

  • So werden während der Kommunionsfahrt besondere Kommunionskerzen gebastelt, die in einem Gottesdienst mit der Gemeinde gesegnet werden.
  • Im Ostergottesdienst erhalten die Kinder ein weißes Erstkommunionsgewand, das einem Taufkleid ähnelt und zur Tauferinnerung dienen soll.
  • Im Rahmen der Erstkommunionsvorbereitung findet auch die Einführung in Wesen und Sinn der Beichte statt. Vor einem als „Versöhnungsfest“ bezeichneten und gestalteten Bußgottesdienst in der Fastenzeit vor Ostern findet die erste Beichte der Kinder statt.
  • An einem sogenannten Danktag nach der Erstkommunion wird bei einem gemeinsamen Ausflug das Erlebte ausgewertet und die Eucharistie noch einmal im kleineren Kreis und ohne die Aufregung des Festtages miteinander gefeiert.

Firmung

Da die Firmung vom (Weih-)Bischof vorgenommen wird, der dazu alle Gemeinden besuchen muss, findet sie nur aller drei Jahre statt. Das Firmalter liegt im Bistum Dresden-Meißen bei ca. 15-16 Jahre (9.-11. Klasse), was den großen Vorteil hat, dass die gröbsten Wirren der Pubertät überstanden sind. Die Firmvorbereitung läuft in drei Phasen:

Durch individuelles Engagement in verschiedenen Gemeindeprojekten sollen die unterschiedlichen Bereiche der Arbeit der Kirchgemeinde kennen gelernt und selbst erprobt werden.

Ein Glaubenskurs, der am Glaubensbekenntnis orientiert ist und in Kleingruppen (ca. 5-6 Teilnehmer) von Helfern aus der Gemeinde gehalten wird, soll das „Ich Glaube“ in das heutige Leben übersetzen helfen. Dieser wird mit einer gemeinsamen Fahrt abgeschlossen.

Die spezielle Sakramentsvorbereitung erfolgt im Anschluss an den Glaubenskurs in wöchentlichen Treffen mit dem Pfarrer bzw. der Gemeindereferentin.

Um die persönliche Entscheidung für den Glauben, die in der Firmung zum Ausdruck kommt, zu betonen, ist für jede Phase eine erneute Anmeldung erforderlich.

Die Beteiligung an der Firmung und ihrer Vorbereitung ist im Unterschied zur Erstkommunion (ca. zwei Drittel der in Frage kommenden Kinder) etwas niedriger. Etwa die Hälfte der angeschriebenen Jugendlichen haben sich zum Kurs angemeldet. Zwei von diesen sind während des Glaubenskurses aus persönlichen Glaubensgründen wieder ausgestiegen. Der Verzicht auf die Firmung bedeutet keinen Ausschluss aus der Gemeinde, spricht aber dennoch für die Qualität der Kurse: wo sich niemand dagegen entscheiden kann, ist die Entscheidung dafür auch nicht viel wert. Insgesamt ist die Firmvorbereitung dem evangelischen Konfirmandenunterricht sehr ähnlich. Das etwas höhere Alter wirkt sich allerdings deutlich positiv auf die theologische Reflexionsfähigkeit der Jugendlichen aus.

Impulse aufnehmen

Für die evangelischen Gemeinden lässt sich manches von dieser Praxis der Familienkatechese lernen. Die Einbeziehung der Eltern in die Katechese der Kinder bietet große Chancen für den Gemeindeaufbau, die oft noch zu wenig genutzt werden. Dabei hilft der Projektcharakter einer solchen Vorbereitung auf ein spezifisches biografisches Ereignis den Eltern, die Mehrbelastungen zeitlich abschätzen zu können. Manche Familien werden ein solches Engagement dauerhaft nicht leisten können, aber dennoch dauerhaft von den Eindrücken, Kontakten und Verbindungen zur Gemeinde zehren können, die ihnen dieser Glaubenskurs verschafft hat.

Harald Lamprecht

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Dieser Beitrag ist erschienen in Confessio 1/2006 ab Seite 12