ÖKT-Nachlese

Abednmahlsquote - Medien, Mahlfeiern und die Folgen

Es besteht kein Zweifel: im Mittelpunkt des Medieninteresses am ersten Ökumenischen Kirchentag stand die Frage nach den gemeinsamen Abendmahlsfeiern. In gewisser Weise ist dies nicht unbegründet, ist doch das Thema der Abendmahlsgemeinschaft zwischen den Konfessionen wie kein anderes ein Kristallisationspunkt ökumenischer Hoffnungen (und Befürchtungen) auch vieler Kirchentagsbesucher gewesen. An den zahlreichen Fragen und Gesprächen am Stand des Evangelischen Bundes auf der Agora konnte man das deutlich spüren.

Im Vorfeld des Kirchentages hatte es eine intensive Beschäftigung mit dieser Frage gegeben:

  • Evangelische und röm.-katholische Ökumeneinstitute hatten in einer gemeinsamen Stellungnahme sich mit ausführlicher theologischer Begründung für eine gegenseitige Eucharistische Gastfreundschaft eingesetzt.1
  • Papst Johannes Paul II. hat in seiner Oster-Enzyklika ausführlich zur Eucharistie Stellung genommen und eine Eucharistische Gastfreundschaft abgelehnt.
  • Katholische kirchliche Initiativgruppen hatten seit Monaten auf ihre geplanten Gottesdienste zum Kirchentag hingewiesen, bei denen gegenseitige Eucharistische Gastbereitschaft gewährt werden sollte.2
  • Eine Botschaft der deutschen röm.-kath. Bischofskonferenz zum Kirchentag hatte ein gemeinsames Abendmahl als „unwahrhaftig“ bezeichnet.“

Auf der Leitungsebene des Ökumenischen Kirchentages war klar, dass man ökumenische Annäherungen in den Gemeinden, die dabei offizielle kirchenrechtliche Grenzen überschreiten, nicht ernsthaft würde verhindern können und wollen. Aber es sollte zumindest nicht offiziell dazu aufgerufen werden.

Letztlich ist es in etwa genau so gekommen, wie man es sich vor den Tagen in Berlin auch ausmalen konnte: Es gab in über 2300 Veranstaltungen des offiziellen Programms unzählige beglückende, vielleicht auch manche misslungene, aber im großen und ganzen selbstverständliche ökumenische Zusammenarbeit in den verschiedensten Bereichen christlichen Glaubens und Lebens. Aber das ist für die Medien viel weniger interessant als zwei Veranstaltungen außerhalb des offiziellen Programms, die Konflikte verhießen - eben jene von den Initiativgruppen geplanten Abendmahlsfeiern mit gegenseitiger Einladung.

Die Aufregung und Gerüchteküche während der Tage kochte die Sensation höher, als sie bei nüchterner Betrachtung war. Es sollte ein verbotenes gemeinsames Abendmahl geben, so war zu hören, der Name des Priesters sei noch geheim, tuschelte man an den Ecken. Was letztlich auf den Fernsehschirmen in Deutschland zu sehen war, war eine ganz normale röm.-kath. Messe, wie sie jeden Sonntag in jeder röm.-kath. Kirche stattfindet - freilich mit nicht so vielen Kameras und Mikrofonen aller Fernsehteams vor dem Altar. Die einzige „Besonderheit“ - sieht man einmal davon ab, dass die Feier in einer evangelischen Kirche stattfand - bestand darin, dass der Zelebrant die anwesenden evangelischen Glaubensgeschwister nicht von der Kommunion ausgeschlossen, sondern mit dazu eingeladen hat. Keine Interzelebration fand statt, kein „Gemeinsames Abendmahl“ mit den Pfarrern beider Konfessionen hinter dem Altar und einer irgendwie aneinander angepassten Mischliturgie, keine wirklich spektakuläre Aktion war da zu sehen, sondern eigentlich das, was landauf landab allsonntäglich in vielen Gemeinden faktisch geschieht - nur eben nicht ganz so ausdrücklich und nicht vor laufenden Kameras.

Es hat schon einen eigenartigen Beigeschmack, dass im Ergebnis dieser Aktion bislang nicht der so im Mittelpunkt der öffentlichen Aufmerksamkeit stehende Leiter dieser katholischen Messe mit offener Kommunion, Prof. Gotthold Hasenhüttl, von kirchenamtlichen Strafmaßnahmen betroffen ist, sondern ein normaler röm.-kath. Priester. Dessen „Schuld“ bestand in der Annahme der von evangelischer Seite ausgesprochenen Gastbereitschaft bei seiner Teilnahme an einem evangelischen Abendmahl. Dafür wurde er von seinem Bischof Mixta (Eichstätt) vorläufig vom Dienst suspendiert, um ihm „Gelegenheit zur Neubesinnung und zum Überdenken seines priesterlichen Selbstverständnisses“ zu geben.

Die Beurteilung dieser Ereignisse wird wohl verschieden bleiben: während die einen warnen, dass von solch einem drängenden Ungehorsam auch ein Schaden für die Ökumene ausgehen kann, hätten sich viele andere noch weit mehr an sichtbarer Einheit auch am Tisch des Herrn gewünscht und erhofft, als es in Berlin möglich war.

Harald Lamprecht

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Dieser Beitrag ist erschienen in Confessio 3/2003 ab Seite 14