Charta Oecumenica in Berlin feierlich unterzeichnet

Selbstverpflichtung zur Ökumene

Die Charta Oecumenica, die auf dem Ökumenischen Kirchentag in Berlin von den Kirchen in Deutschland unterzeichnet wurde, sei zwar kein Durchbruch bei kritischen Lehrfragen, leite aber mit ihren Selbstverpflichtungen einen neuen ökumenischen Aufbruch ein, der auch in Deutschland weit über den Status quo hinausgehe, sagte der langjährige Leiter des Konfessionskundlichen Instituts Bensheim, Professor Reinhard Frieling, in einem Interview mit der „Evangelischen Kirchenzeitung. Das Sonntagsblatt für Hessen und Nassau“.

Frieling gilt als einer der Hauptinitiatoren der Charta Oecumenica und ist ihr maßgeblicher Verfasser. Er verglich die Wirkung der Charta mit der UN-Charta der Menschenrechte. In Ländern, in denen die Menschenrechte eingehalten werden, sei diese kein Thema. In Nationen jedoch, in denen die Menschenrechte verletzt würden, böte die Menschenrechts-Charta die Möglichkeit, die betreffenden Länder darauf aufmerksam zu machen und verstärkt mit ihnen ins Gespräch zu kommen. Gleiches habe man sich auch beim Abfassen der Ökumene-Charta gedacht: Wo Ökumene funktioniere, brauche es keine Charta Oecumenica, so Frieling.

Frieling nannte die Charta einen Spiegel dessen, was europaweit ökumenisch möglich ist. In Deutschland sei man zwar an etlichen Punkten weiter als in der Charta gefordert, aber in vielen Kirchen Europas spiele Ökumene eine geringere Rolle. In einigen orthodoxen Kirchen des Ostens gelte Ökumene sogar als Schimpfwort. Gerade für diese Kirchen sei es wichtig, dass ein christlicher Grundkonsens formuliert werde, der die Kirchen zur Zusammenarbeit verpflichte und den christlichen Beitrag zur Versöhnung von Völkern und Kulturen in Europa beschreibe, betonte Frieling. Frieling war von der Konferenz Europäischer Kirchen (KEK) mit der Abfassung der Charta beauftragt worden. Die Charta Oecumenica war am 22. April 2001 von den Präsidenten der KEK und dem Rat der römisch-katholischen Bischofskonferenzen in Europa (CCEE) in Straßburg unterzeichnet worden.

Als geradezu sensationelle wertete Frieling die Tatsache, dass mit der Charta Oecumenica das erste Dokument seit 1000 Jahren erscheine, das die Zusammenarbeit der christlichen Kirchen in Europa verbindlich festschreibe. Es sei eine Verpflichtung gegen die Selbstgenügsamkeit, gegen den Antiökumenismus und gegen die ökumenische Gleichgültigkeit. Kaum eine ökumenische Veröffentlichung sei jemals in dieser Breite angenommen worden, sagte Frieling.

Pfarrer Dr. Martin Schuck

ist Verlagsleiter der Verlagshaus Speyer GmbH und war Catholica-Referent am Konfessionskundlichen Institut des Evangelischen Bundes in Bensheim.

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Dieser Beitrag ist erschienen in Confessio 3/2003 ab Seite 17