Drehungen am Rad der Lehre

Richtungen des Buddhismus

Der Weg der Alten (Theravada)

Der klassische Buddhismus, wie ihn sein Gründer Gautama Siddharta (ca. 563-483 v. Chr.) in Indien lehrte, war ein asketischer Mönchsbuddhismus. Erlösung kann nur jeder für sich über den Weg der eigenen Erleuchtung durch die Beachtung der „Vier edlen Wahrheiten“ und des „8fachen Pfades“ gewinnen. Dieser setzt das Loslassen aller irdischen Bindungen und Wünsche voraus. Buddha selbst ist kein Gott, sondern ein normaler Mensch, der lediglich die Befreiung vom Leid auf dem Weg der Erleuchtung entdeckt und vorbildhaft beschritten hat.

Da ein solcher asketischer Weg nur von wenigen, den Mönchen, begangen werden kann, hat sich in den Ländern des Theravada-Buddhismus (Sri Lanka, Thailand, Kambodscha, Laos u. a.) neben dem Mönchtum eine breite traditionelle Volksfrömmigkeit erhalten.

Das große Fahrzeug (Mahayana)

Etwa 400 Jahre nach Buddhas Tod entstand in Abgrenzung vom „kleinen Fahrzeug“ des Theravada das „große Fahrzeug“ („Mahayana“). Charakteristisch ist Erweiterung von Buddhas Lehre (als zweite Umdrehung am Rad der Lehre bezeichnet), bei der nun Buddha selbst eine göttliche Verehrung zuteil wird. Das Prinzip der Mönchsreligion wird durchbrochen, da nun auch Laien Befreiung erlangen können, indem sie sich an den Buddha wenden, ihn anrufen und von ihm Erlösung erhoffen. Eine besondere Rolle spielen hier die Bodhisattwas. Dies sind Menschen, die - obwohl sie den Kreislauf der Wiedergeburten durchbrochen hätten - freiwillig auf der Erde bleiben, um sich um die Befreiung andere zu bemühen.

Bekannteste Spezialformen des Mahayana-Buddhismus sind der Buddha-Amida-Kult (besonders in Japan als „Buddhismus des reinen Landes“ verbreitet) und der ZEN-Buddhismus. Zen beruht gerade nicht auf Logik, Verstand und analytischem Denken, sondern kann als eine spezielle Form der Mystik verstanden werden.

Diamantweg in Tibet (Vajrajana)

Der Buddhismus des „Diamantenen Fahrzeuges“ (Vajrajana) hat seinen Ursprung im Bergland von Tibet. Für ihn ist die Einbeziehung zahlreicher traditioneller tibetanischer vorbuddhistischer Kultformen aus der Volksreligion markant. Dadurch ist es ein sehr anschaulicher Buddhismus: Bilder (Mandalas), Formen und Bewegungen (im Tanz), Klänge (Mantras), Körper (Tantra) und viel Symbolik (Statuen, Wandmalereien etc.) dienen dem Ausdruck des religiösen Erlebens. Seine mitunter archaisch anmutenden Riten und Ritualgegenstände (z. B. Gebetsmühlen) geben ihm sein eigenes Gepräge. Der tibetische Buddhismus legt besonderen Wert auf direkte Übertragung der Unterweisungen vom Lehrer auf die Schüler. Es haben sich im Mittelalter verschiedene Schulen herausgebildet, deren bekannteste die Gelugpas mit ihrem Oberhaupt, dem Dalai Lama sein dürften.

 

Dr. Harald Lamprecht

ist Beauftragter für Weltanschauungs- und Sektenfragen der Ev.-Luth. Landeskirche Sachsens und Geschäftsführer des Evangelischen Bundes Sachsen.

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Dieser Beitrag ist erschienen in Confessio 4/2003 ab Seite 05