Volkstempler
Zum 30. Mal jährte sich im November 2008 der Tod von rund 900 Anhängern der Volkstempler im Urwald von Guyana. Heutige Einschätzungen widersprechen der häufigen Rede von einem Massenselbstmord. Dies sei es nur zum Teil gewesen. Ein großer Teil der Opfer wurde von anderen umgebracht.
Der freikirchliche Prediger Jim Jones hatte mit seiner sozialen Gesinnung zunächst eine große Ausstrahlung unter Benachteiligten und Farbigen. 1974 zog er mit ca. 1000 Anhängern von den USA in den Nordosten Guyanas und baute dort im Urwald die Siedlung Jonestown auf. Viele Anhänger träumten von einem alternativen Leben. Aber das Camp entwickelte sich allmählich zu einem Gefangenenlager – obwohl zunächst alle freiwillig gekommen waren. Jones gebärdete sich zunehmend als Heilsbringer und entwickelte einen religiösen und politischen Wahn, in dem der amerikanische Geheimdienst CIA als kollektiver Feind beschworen wurde.
Hilferufe von Angehörigen brachten den Kongressabgeodneten Leo J. Ryan dazu, sich vor Ort ein Bild zu verschaffen. Zunächst hielt die Fassade, doch dann baten immer mehr Familien Ryan, sie mitzunehmen um aus Jonestown zu entkommen. Damit brach alles zusammen. Der Kongressabgeordnete und seine Begleiter wurden ebenso wie die fluchtwilligen Familien kurz vor dem Abflug erschossen. Die übrigen Bewohner des Lagers wurden dazu gebracht, Cyankali zu schlucken oder ebenfalls erschossen. Nur wenigen gelang die Flucht. Unter den Leichen waren 276 Kinder.
Die Tragödie von Jonestown zeigt beispielhaft, dass in der Isolation und Separierung eine große Gefahr steckt. Alle ähnlich gelagerten Sektendramen in den folgenden Jahrzehnten hatten eine Abschottung der Gruppe vorher zur Voraussetzung. Darum sollte die Gesellschaft sowie Freunde und Verwandte immer mit erhöhter Aufmerksamkeit reagieren, wenn Gruppen sich mit religiöser Motivation zu stark selbst ausgrenzen und abschotten. Im Umkehrschluss hilft jede Begegnung, jeder Kontakt und jede Beziehung „nach draußen“, solche Tragödien zu verhindern.
HL