Rostiger Ritter mit Malteserkreuz

Kostüme, Titel und Sozialarbeit

Ritterorden damals und heute

Von den Kreuzrittern geht eine Faszination aus, die sich über die Jahrhunderte erstreckt. Inzwischen gibt es eine unübersichtliche Zahl von Ritterorden. Alle berufen sich mehr oder weniger direkt auf die Ritterorden, die zur Zeit der Kreuzzüge im 12. Jahrhundert gegründet wurden. Einige (wenige) haben etablierte seriöse Strukturen, vertreten ehrenwerte Anliegen und sind in sozialen Bereichen ernsthaft engagiert. (Als Beispiel wäre der Johanniter- bzw. Malteserorden zu nennen.) Andere verkaufen lediglich wohlklingende Titel oder pflegen militanten Nationalismus unter fälschlicher Inanspruchnahme des Christentums. Der ursprüngliche Ordenszweck der Krankenpflege fällt dann weit hinter dem Aspekt zurück, sich irgendwie als „Verteidiger des Abendlandes“ fühlen zu wollen. Ob sich der eigene Hass auf Muslime besser anfühlt, wenn man dazu mit weißen Handschuhen und einem Umhang mit großem roten Kreuz in einer Kirche steht?

Nachahmung und Spaltungen

Nicht wenige dieser neuen Orden kopieren Namen und Erscheinungsbild etablierterer Orden für ihre Zwecke und provozieren bewusst Verwechslungen – von denen sie nur profitieren können. Teilweise resultiert das Chaos der doppelten und dreifachen Gleichheit von Namen und Abkürzungen aber auch aus immer wieder vollzogenen Spaltungen dieser Orden. Manchmal, aber eben nicht immer, wurde eine kleine Variante im Namen und Emblem vorgenommen. Um diese zu unterscheiden hilft oft nur der Blick auf Namen von Leitungspersonen und der Vergleich von Kontaktadressen.

Geschichte und Phantasie

Auf eine direkte Abstammung aus dem Mittelalter können nur Johanniter/Malteser, der Deutsche Orden und der Orden vom Heiligen Grab zurückblicken. Der Templerorden wurde 1312 aufgelöst. Alle heutigen Templer sind daher Neuerfindungen. Das gilt auch für alle heutigen Lazarusorden, dessen Original 1830 aufgelöst wurde. Dieser historische Befund hindert die meisten nicht, fleißig Ahnenreihen ihrer Großmeister zu erfinden und sich eine möglichst alte Abkunft anzudichten. Die etwas seriöseren unter den Neuerfindungen verzichten darauf und gestehen ein, dass sie lediglich ideell an die Tradition und Werte des Rittertums anknüpfen wollen.

Adelstitel und Charity

Bei einem beträchtlichen Teil dieser neuen selbsterfundenen Orden scheint eine besondere Nähe zum Adel mindestens ebenso eine große Rolle zu spielen, wie klangvolle Titel und Ränge, in welche die eigenen Mitglieder befördert werden können. Jedenfalls ist der Aufwand, der für die Aufwertung des eigenen Status im Rahmen von Feiern der Investitur neuer Ritter und der Beförderungen betrieben wird, in der Regel sehr ausgeprägt und scheint den eigentlichen Daseinszweck dieser Ritterspiele zu bilden. Die wohltätige Sozialarbeit kommt dabei mitunter nicht weit über den Charakter als Feigenblatt hinaus. Immerhin: Viele sammeln Geld bei ihren repräsentativen Dinners und spenden es an soziale Projekte. Ein paar Brotkrumen fallen eben immer von den Tischen.

Die folgende Übersicht soll zur Sortierung und erster Einschätzung Orientierung bieten und dazu helfen, Verwechslungen zu reduzieren.

Dr. Harald Lamprecht

ist Beauftragter für Weltanschauungs- und Sektenfragen der Ev.-Luth. Landeskirche Sachsens und Geschäftsführer des Evangelischen Bundes Sachsen.

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Dieser Beitrag ist erschienen in Confessio Themenheft 05 ab Seite 03