Allgemeines Priesertum, Ordination und Beauftragung nach evangelischem Verständnis
Um eine Lösung dieser Fragen bemüht sich eine Empfehlung, welche die Bischofskonferenz der Vereinigten Evangelisch-Lutherischen Kirche (VELKD) im Oktober 2004 erlassen und zur Stellungnahme an die Gliedkirchen übersandt hat.
Das Papier geht von der Beschreibung der Kirche als Gemeinschaft der Glaubenden aus, in der das Evangelium verkündigt und die Sakramente gereicht werden (CA V, VII, VIII). Der Verkündigungsdienst ist Aufgabe aller Christen. Das priesterliche Amt der Verkündigung und Bezeugung des Evangeliums ist jedem Christenmenschen in seinem privaten Bereich unvertretbar übertragen. Für die öffentliche Ausübung dieses (jedem gegebenen) priesterlichen Amtes ist jedoch die Übertragung durch Gebet und Handauflegung in der Ordination notwendig. Die Beauftragung Einzelner durch die Gesamtheit der Kirche zur Wahrnehmung der öffentlichen Verkündigung ist nötig, damit niemand aus eigener Autorität etwas an sich reißt, was eigentlich allen zusteht.
Im Blick auf die Praxis kommt die Empfehlung zu dem Ergebnis, dass die Verbindung des ordinierten Amtes mit einem Broterwerb lediglich historisch bedingt und nicht zwingend ist. Das bedeutet: „Personen, die die öffentliche Wortverkündigung uneingeschränkt wahrnehmen sollen, sind zu ordinieren. Personen, die einen - zeitlich, räumlich oder inhaltlich - eingeschränkten Dienstauftrag zur öffentlichen Wortverkündigung und/oder Sakramentsverwaltung erhalten, sind hierzu ordnungsgemäß zu beauftragen.“ (4.5)
In einem Sondervotum hat die Vorsitzende des Theologischen Ausschusses der VELKD, Prof. D. Wendebourg, die in dem Papier vorgenommene Unterscheidung von uneingeschränkter und eingeschränkter öffentlicher Verkündigung kritisiert. Diese nicht von den Bekenntnisschriften gedeckte Unterscheidung solle lediglich die gängige Praxis nachträglich theologisch legitimieren, mache die Kirchen aber ökumenisch unglaubwürdig und werte die amtlichen Vollzüge ab. Statt dessen plädierte sie für eine gemeinsame Ordination verschiedener Zugänge zur öffentlichen Wortverkündigung und Sakramentsverwaltung.