Magie allerorten

Zur Inflation der Magie
Magie scheint ein unheimlich populärer Begriff geworden zu sein. Immer öfter findet man im Alltag Dinge als „magisch“ bezeichnet, selbst wenn da wenig Außergewöhnliches dabei ist, wie z.B. Klappkalender oder Biersorten. Andere Verwendungen tendieren stärker in Richtung Zauberei, doch auch dort wird meist nicht der eigentliche Wortsinn erfüllt.

Magic Movie

Speziell den „magischen“ Filmen für die minderjährige Zielgruppe widmet sich die neue Zeitschrift „Movie Magic“. Den größten Anteil mit immerhin 46 von 82 Seiten ist den verschiedenen Folgen und den Schauspielern von Harry Potter gewidmet. Darin verwoben werden andere Kino-Filme vorgestellt, die entweder einen starken magischen oder allgemein fantastischen Bezug haben. Eine Doppelseite befasst sich mit den „Hollywood-Hexen“ u.a. in den Filmen „Verliebt in eine Hexe“, „Sabrina - total verhext“ und den drei Hexenschwestern aus der Fernsehserie „Charmed“. Stärkeren Comic-Bezug haben „Sharkboy und Lavagirl“, „Sky High“, die jüngere Kinder ansprechen sollen als die ebenfalls in dem Heft vorgestellten Verfilmungen der sehr Gewalt-dominierten Computerspiele „Lara Croft“, „Final Fantasy“, „Resident Evil“ oder „Doom“. Daneben wirkt der angekündigte „König von Narnia“ als richtige Erholung, selbst wenn die Trailer auch dort Schlachtengetümmel fantastischer Wesen ankündigen (vgl. zu Narnia S. See Orks treffen Weihnachtsmann in diesem Heft).

Medi & Hexi?

Sogar die Apotheken-Zeitschrift für Kinder „Medizini“ hat in ihrer Oktober-Ausgabe 2005 ein großes „Wissens-Poster“ zu Hexen und Zauberern eingelegt. Darin werden zunächst verschiedene Fabelwesen vorgestellt (Elfen, Trolle, Meerjungfrauen und Kobolde am Beispiel des Pumuckl sowie Zwerge. Zum Stichwort „Magie heute“ gibt es Kartenlegen, vierblättrige Kleeblätter und Bleigießen an Silvester. Daneben steht eine Anleitung zum Kürbis-Schnitzen und ein kleines Kreuzworträtsel „Kennst du dich aus in der Welt der Magie?“, in dem man Bibi Blocksberg, Hänsel und Gretel, Gandalf sowie Harry Potter erraten soll. Positiv ist anzumerken, dass die Darstellungen sich weitgehend an nüchterne Fakten halten und nicht zu magischer Praxis anregen.

Veränderungen

Diese allseits zu beobachtende Inflation der Magie hat Folgen in verschiedenen Richtungen. Kritisch muss aus christlicher Sicht beurteilt werden, dass Magie und Zauberei auf diese Weise vielfach etwas Selbstverständliches werden. Magie wird ihres anrüchigen Charakters beraubt und wird von etwas exklusivem, besondereren zu etwas alltäglichem.

Damit verbunden ist zugleich eine Aufweichung und inhaltliche Entleerung des Magie-Begriffes. Das zeigt gerade die Zusammenstellung in der Zeitschrift Movie Magic ganz deutlich: Ob Superman oder Harry Potter, die Trickfilmfiguren Wallace & Gromit auf der Jagd nach dem Riesenkaninchen oder die Hexen von Charmed - nichts ist wirklich, aber alles ist möglich. Keineswegs aber verbindet sich mit diesem medientransportierten Magie-Begriff die Vorstellung eines Teufelspaktes zur Erlangung magischer Macht über seine Umwelt.

Diesen Wandel gilt es zu erkennen. Die berechtigte und wichtige theologische Kritik an magischer Selbstüberschätzung läuft ins Leere, wenn sie auf diese neuerdings als „Magic“ bezeichnete und eigentlich harmlose Fantastik bezogen wird. Es ist folglich wichtiger geworden, hier Bezeichnung und Inhalt zu unterscheiden. Andererseits sollte auch nicht die zunehmende Verbreitung echter magischer Überzeugungen widerspruchslos hingenommen werden.

Unterscheidungshilfe: 1. Gebot

Eine differenzierte theologische Auseinandersetzung mit dieser Thematik kann bei Luthers Interpretation des 1. Gebotes im großen Katechismus ansetzten. „Woran du dein Herz hängst, das ist dein Gott.“ fasst Luther den Kern des ersten Gebotes zusammen. Götzendienst ist es darum, zur Lösung von Lebensproblemen sein Vertrauen auf untaugliche Mittel zu setzen, seien es Teufelsbeschwörungen oder Heiligenanrufungen, Lebensversicherungen oder Besitztümer, eigene Machtvollkommenheit oder fremde Gottheiten.

Nicht verboten ist es aber, sich fantastische Welten auszudenken, von Superman zu träumen, Käpt’n Blaubär oder Harry Potter zu lesen - solange man nicht der Meinung ist, im realen Leben auf die Hilfe von Superman oder magischen Ritualen vertrauen zu müssen. Aufmerksamkeit verdient folglich die Grenze zwischen Fantasie und Realität. Ernsthafte Sorgen sind dort berechtigt, wo Menschen nicht mehr klar zwischen diesen Bereichen unterscheiden können. Versuche, diese Grenzen zu verwischen, gibt es jedenfalls zur Genüge. Darum ist Aufmerksamkeit angebracht, ohne andererseits die gesamte Welt der Fantastik ausschließen zu müssen.

Harald Lamprecht

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Dieser Beitrag ist erschienen in Confessio 6/2005 ab Seite 07