Konfessionskundliche Jubiläen 2006

Eine Auswahl aus dem Newsletter des Konfessionskundlichen Instituts

4. Februar 1906: Geburtstag von Dietrich Bonhoeffer

Am 4. Februar erinnert sich die Christenheit an Bonhoeffers 100. Geburtstag. Wie kein anderer prägte er als Märtyrer die protestantische Ethik und Frömmigkeit nach 1945. Seine Biographie und Theologie sind in gleicher Weise interessant. Seine Briefe aus der Haft, seine Predigten und Gedichte machten den von den Nazis kurz vor dem Ende des Zweiten Weltkrieges im KZ Flossenbürg ermordeten Theologen zu einem unverwechselbaren Vorbild des Glaubens. Sein Weg vom bürgerlich-nationalen Elternhaus zur Bekennenden Kirche und schließlich zum aktiven Widerstand gegen das NS-Gewaltregime stieß auch innerkirchlich zunächst auf Ablehnung. Erst langsam wurde durch intensive Forschung ein genaueres Bild seines fragmentarischen Werkes deutlich.

Walter Fleischmann-Bisten

24. Februar 1991: Beginn der Operation „Desert Storm“

Am 24. Februar 1991 beginnt die schon länger erwartete Operation „Wüstensturm“ durch alliierte Kräfte unter US-amerikanischer Führung in Kuwait und Irak, die das Ziel der Vertreibung irakischer Truppen aus dem besetzten Kuwait und die Amtsenthebung des irakischen Diktators Saddam Hussein verfolgt. Über weitere Hintergründe wird spekuliert und demonstriert („Kein Blut für Öl!“). Dieser „erste Golfkrieg“ entfacht eine Inflation der Rede vom „Heiligen Krieg“. Im Film „Jarhead“ von Sam Mendes nach dem gleichnamigen Roman von Anthony Swofford, der im Januar 2006 in die Kinos kommt, macht sich Sergeant Sykes (im Film Jamie Foxx) Gedanken über Krieg und Frieden, Auftrag und Macht: „Wir sind der gerechte Hammer Gottes. Ich liebe diesen Job.“

Alexander F. Gemeinhardt

19. März 1656: Todestag von Georg Calixt (*14.12.1586)

Als Sohn eines lutherischen Landgeistlichen aufgewachsen, war Calixt zunächst ganz der lutherischen Orthodoxie verpflichtet. 1614 wurde er zum Professor für Kontroverstheologie nach Helmstedt berufen. Während des Dreißigjährigen Krieges wandelte er sich zum Ireniker und entwickelte um 1629 die Vorstellung von der Lehrübereinstimmung der ersten fünf Jahrhunderte als gemeinsamer Grundlage aller Konfessionskirchen. Dieser als consensus quinquesaecularis bekannt gewordene Versuch der Überwindung der Kirchenspaltung wurde vom Luthertum als Verrat an der Reformation abgelehnt. Erst im Zeitalter der Ökumene erlebte die Rückbesinnung auf altkirchliche Fundamentalübereinkünfte eine Renaissance.

Dr. Martin Schuck

 

16. Juni 1106: Todestag von Benno von Meißen

Vor 900 Jahren starb in Meißen der heutige Schutzpatron dieses Bistums - sein Todestag ist auch sein offizieller römisch-katholischer Gedenktag. Um 1010 mutmaßlich als unehelicher Sohn eines sächsischen Grafen (Friedrich von Woldenburg) in Hildesheim geboren, wird Benno 1040 zum Priester geweiht und zwei Jahre später Abt in Hildesheim (St. Michael), 1066 dann Bischof von Meißen. Sein weiterer Werdegang ist ebenso legendär wie bewegt - Amtsenthebung, Exkommunikation, Amtseinsetzung, verschiedene Wunder, die sich in der Vita Bennonis von Hieronymus Emser (1512) finden. Am 31. Mai 1523 wurde Benno durch Papst Hadrian VI. zu den Ehren der Altäre erhoben, wogegen nicht nur Martin Luther polemisierte. Seine Gebeine wurden 1580 in die Münchner Frauenkirche verbracht, was ihm die zusätzliche Funktion des Schutzpatrons von München einbrachte.

Alexander F. Gemeinhardt

 

22. Juni 1986: „Die Hand Gottes“

Mexico City, Azteken-Stadion, 22. Juni 1986: Vor 114.000 Zuschauern erzielt der argentinische Nationalspieler Diego Armando Maradona im Viertelfinale der Fußball-Weltmeisterschaft das 1:0 gegen England mit der linken Faust. Direkt nach dem Spiel entschuldigt er sich damit, „die Hand Gottes“ habe dieses Tor erzielt. Der nur 1.65 m große Sohn kroatischer Einwanderer räumt sein Fehlverhalten erst im August 2005 ein - allerdings sei ihm der englische Torwart Peter Shilton mit seinen 1,86 einfach zu groß gewesen. Die Partie gegen England war durch den Konflikt um die Falkland-Inseln (1982) emotional stark belastet.

Alexander F. Gemeinhardt

6. August 1806: Ende des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation

844 Jahre hatte es bestanden, an diesem Tag brach das zu diesem Zeitpunkt schon länger dahinsiechende Gebilde des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation mit einer Verlautbarung Franz’ II. endgültig zusammen. Mit dem Entstehen des Dualismus von Brandenburg-Preußen und Österreich war der innere Zusammenhalt des Reiches irreparabel zerfallen. Dazu kam die Erhebung Napoleons zum Kaiser 1804, verbunden mit dem Anspruch, das Erbe Karls des Großen antreten zu wollen. Durch den Reichsdeputationshauptschluss von 1803 war bereits das politisch-konfessionelle Gleichgewicht des Reiches zerstört worden. Seinen Namen hatte es übrigens in mehreren Schritten erhalten. Im Interregnum (1250-1273) hatte sich der Begriff „Sacrum Imperium Romanum“ heraus gebildet. Der Zusatz „Nationis Germanicae“ erscheint gar erst um 1450. Unter Juristen ist durchaus umstritten, ob Franz II. überhaupt legitimiert war, neben der Niederlegung der Krone gleich das ganze Reich aufzulösen. Am Ende fehlte es am politischen Willen und der Macht, das Reich zu bewahren.

Ulrich Villringer

7. August 1106: Todestag von Kaiser Heinrich IV.

War er Verlierer oder Sieger in Canossa? Mit 27 Jahren stand König Heinrich IV. (* 11.11.1050) vor dem Ende: von den deutschen Fürsten verlassen, vom Papst gebannt, der ihm nicht mehr das Recht zugestehen wollte, die Bischöfe in ihr Amt einzusetzen (und faktisch auszuwählen). Der Bußgang zu Gregor VII. löste ihn vom Kirchenbann; Heinrich schlug seine deutschen Rivalen und wurde 1084 in Rom zum Kaiser gekrönt; der Papst starb 1085 im Exil in Salerno. Doch das Blatt wendete sich erneut: Sein Sohn wurde Gegenkönig; ein Bürgerkrieg drohte, als Heinrich am 7. August 1106 starb. Erst das Wormser Konkordat (1122) beendete den Investiturstreit.

Peter Gemeinhardt

14. November 1831: Georg Wilhelm Friedrich Hegel

Er verstand Philosophie als „Gottesdienst“ und wusste sich einer Theologie überlegen, die sich zwischen Verstandesaufklärung und Gefühlsfrömmigkeit des Dogmas schämt. Den „Lebenslauf“ Gottes durch Menschwerdung, Tod und Auferstehung übersetzte er in die Macht des absoluten Begriffs, auf die endliche Realität überzugreifen und sich im Anderen mit sich selbst zusammenzuschließen. Griechentum erfüllt sich so im Christentum: Die Erhebung des Endlichen zum Unendlichen (Eros) ist in Wahrheit Selbstbewegung des Absoluten, das sich ans Endliche entäußert (Agape) und in ihm sich selbst erfasst. Spekulative Logik beerbt den christlichen Glauben, dass Gott ohne die Welt Gott ist und doch nicht ohne sie Gott sein will.

Walter Schöpsdau

 

4. Dezember 306: Todestag der heiligen Barbara

Populäre Heilige: Der Legende nach soll ihr heidnischer Vater Dioskoros sie während seiner Abwesenheit aus Nikomedien im Turm eingesperrt haben, um sie gegen Einflüsse der Christen und des christlichen Glaubens abzuschirmen. Gegen allen Widerstand ließ Barbara sich taufen. Der Vater selbst setzte den Richtspruch durch; sie erlitt den Märtyrertod durch Enthauptung am 4. 12. 306. Als Heilige gehört sie zu den „vierzehn Nothelfern” (mit dem Emblem des Turmes) für die Bergleute, die Artilleristen und Piloten. Im Volksbrauch werden am 4. Dezember frisch geschnittene Kirschzweige ins Wasser gelegt, die am Heiligen Abend blühen sollen.

Michael Plathow

 

8. Dezember 1506: Geburtstag von Veit Dietrich

Veit Dietrich (8.12.1506 - 25.03.1549) gehört zu den unbekannten Reformatoren, machte aber vieles von Luther bekannt. Geboren und gestorben ist Dietrich in Nürnberg. 1522 kam er als Student nach Wittenberg, ab 1528 war er als Sekretär Luthers auch sein Hausgenosse. Auf Veit Dietrich geht die Herausgabe der Tischreden sowie der Vorlesungsnachschriften und „Postillen“ zurück. Ab 1535 war er Pfarrer in Nürnberg, wurde 1547 aber wegen Kritik an der Religionspolitik des Rates entlassen. Seine eigenen Werke sind pastoraler und katechetischer Art und wurden teilweise bis ins 18. Jahrhundert nachgedruckt.

Volkmar Ortmann

25. Dezember 1356: Goldene Bulle

Das 31 Kapitel umfassende Gesetzbuch Kaiser Karls IV., bis 1806 eine Art Grundgesetz des Alten Reichs, wurde nach Beratungen auf Reichstagen in Nürnberg und Metz am 25.12.1356 in Beisein des päpstlichen Kardinallegaten und des französischen Dauphins promulgiert und regelte die Modalitäten der Königswahl. Es war der Abschluss der Entwicklung hin zur Wahlmonarchie, wonach das Königsamt grundsätzlich von jedem freien Mann angestrebt werden kann, faktisch aber immer aus dem Kreis der höchsten Fürsten des Reichs besetzt wurde. Zur Wahl berechtigt waren die sieben Kurfürsten auf Ladung des Erzbischofs von Mainz; gewählt wurde in Frankfurt. Namensgebend für die Bulle war die goldene Kapsel, in der das angehängte Siegel verwahrt wurde.

Martin Schuck

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Dieser Beitrag ist erschienen in Confessio 1/2006 ab Seite 17