Böse Geister im heiligen Rasen?
Ein Schamane aus Ecuador hat in allen an der Fußball-Weltmeisterschaft beteiligten Stadien eine schamanistische Reinigungszeremonie vorgenommen. In einem Fernsehbericht war sogar davon die Rede, er habe den Rasen den Göttern geweiht. Nach dem Leipziger Zentralstadion hat Tzamarenda Naychapi auch in Dresden im Rudolf-Harbig-Stadion bereits seinen Tanz vollführt.
Wie kommt es dazu? Seit wann bedürfen deutsche Fußballstadien der rituellen Einweihung durch importierte Schamanen?
Touristische Werbekampagne
Nüchtern betrachtet handelt es sich bei der Aktion „Schamane on Tour“ primär nicht um eine religiöse Mission, die etwa europäische Kultstätten mittelamerikanischen Lokalgottheiten übereigenen wolle. Statt dessen ist die Kampagne „Schamane on Tour“ in erster Linie eine geschickt inszenierte Werbeaktion des Tourismusverbandes von Ecuador. Dieses arme mittelamerikanische Land möchte - was durchaus nachvollziehbar ist - die seltene Gelegenheit der Fußball-Weltmeisterschaft im reichen und reiselustigen Deutschland nutzen, um möglichst viele Deutsche auf Ecuador als potenzielles Reiseziel aufmerksam zu machen. Immerhin hat Ecuador auch eine einigermaßen erfolgreiche Fußballmannschaft zu bieten, die am 20. Juni gegen die deutsche Mannschaft spielen wird. Eingebettet ist die schamanistische Zeremonie in ein entsprechendes Rahmenprogramm, das voll auf Touristik orientiert ist. Nach einer Begrüßung durch die Ecuadorische Zentrale für Tourismus folgte eine Filmvorführung „Ecuador-Land der vier Welten“ und einer Präsentation des Reiselandes Ecuador durch den Experten eines an der Organisation beteiligten Reisebüros. Nach der eher als buntes Event denn als religiöse Veranstaltung eingebetteten „Friedenszeremonie“ des Schamanen folgt mit Ecuador-Quiz und Auflösung des Gewinnspiels sowie landestypische Musik und Tanz ein unterhaltsamer Ausklang. Bezeichnend ist ebenso die grafische Gestaltung des Busses, mit dem der Schamane und sein Team durch Deutschland reist. Unter der Überschrift „Schamane on Tour“ heißt es deutlich: „Wir sind hier! Wann kommt ihr? Reisen nach Ecuador! kommt mit: www.visitecuador.de“.
Exportprodukte
Die wichtigsten Exportprodukte von Ecuador sind Blumen, Obst und Gemüse, Genussmittel, Meeresfrüchte sowie Mode und Kunstartikel. Einmal abgesehen vom Kaffee sind das kaum Dinge, mit denen man Fußballer und ihre Fans im großen Stil locken kann. Dass diese ihrem Sport aber mitunter eine quasi religiöse Verehrung zollen, fähige Spieler gern einmal als „Fußball-Gott“ titulieren und vom „heiligen Rasen“ sprechen, hat sich möglicherweise auch in Ecuador herumgesprochen. Insofern liegt es nahe, mit dem Schamanen einen religiösen Exportartikel als werbeträchtigen Aufhänger der Kampagne zu benutzen, der sich nun einmal besser in den Medien platzieren lässt als eine Kaffeverkostung. Mit den deutschen „Schamanen“ innerhalb der Esoterikszene hat diese Werbeaktion vermutlich weniger zu tun. Das Ziel der Kampagne „Schamane on Tour“ ist es nicht, deutschen Schamanen neue Kunden zuzuführen, sondern die Kunden der deutschen Schamanen nach Ecuador zu führen.
Christliche Beurteilung
Aus christlicher Sicht zeigt sich in den Handlungen des Schamanen ein Weltbild, das zu wenig von der Liebe Gottes zu den Menschen und der befreienden Kraft des Glaubens an Christus weiß. In der Tätigkeit der Schamanen und auch in dem Ritual im Stadion geht es wesentlich um eine Auseinandersetzung mit Geistern und spirituellen Wesenheiten, die den Menschen feindlich gestimmt sein können. Diese gilt es im Ritual zu besänftigen oder die Hilfe stärkerer Schutzgeister durch Opferungen zu gewinnen. In den Zeitungsberichten war davon die Rede, Tzamarenda Naychapi habe die bösen Geister aus dem Leipziger Zentralstadion vertrieben und die Arena damit in einen seiner Meinung nach WM-tauglichen Zustand versetzt.
In einem Weltmeisterschaftsspiel ist das Spiel längst kein Spiel mehr, weil viel zu viel vom Ergebnis abhängt. Gerade in solchen Situationen ist der Glaube an magische Schutzrituale groß. Aber man soll sich nicht täuschen: Magische Rituale geben nicht die Sicherheit, die sie versprechen, sondern vergrößern nur die Angst. Vielleicht können die Brasilianer einen noch mächtigeren Medizinmann mitbringen? Können unreine Geister den Spielern die Beine stellen? Kann der Rasen negative Energien speichern, die erst durch einen kompetenten Schamanen gelöst werden können?
Der christliche Glaube befreit von solchen Ängsten und Abhängigkeiten. Christen wissen, dass es „wohl solche gibt, die Götter genannt werden“, aber es doch nur einen Gott gibt, durch den alle Dinge sind (vgl. 1. Kor 8, 4-8). Das Stadion war schon vorher tauglich. Es ist durch die Aktion des Schamanen nicht besser oder schlechter geworden. Weder brauchen Christen Amulette und Reinigungstänze, noch müssen sie Orte fürchten, an denen solches geschehen ist. Die Tour des Schamanen sollte aber für alle Christen ein Ansporn sein, von dieser befreienden Kraft des Evangeliums deutlicher Zeugnis zu geben. Zeigt doch die Akzeptanz dieses Rituals durch die Verantwortlichen in den Stadien ein erschreckendes Maß an religiöser Indifferenz oder unchristlichem Geisterglauben.