Prügelstrafe im Namen der Bibel?

Kinder haben in Deutschland ein Recht auf eine gewaltfreie Erziehung. Seit dem Jahr 2000 ist dies Gesetz. Aber immer noch werden in christlich-fundamentalistischen Kreisen Bücher vertrieben, die dagegen verstoßen und im Namen der Bibel dazu auffordern, systematisch Kinder zu schlagen. Wie die Süddeutsche Zeitung berichtete, ist ein 2013 von der Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien (BpjM) indiziertes Buch in neuer Auflage mit marginalen Änderungen wieder im Vertrieb aufgetaucht.

Die Erziehungsvorstellungen des amerikanischen Autors Tedd Tripp werden unter dem Titel „Kinder Herzen erziehen“ in deutscher Übersetzung zugänglich gemacht und mit Bibelzitaten insbesondere aus der altorientalischen Weisheitstradition (Buch der Sprüche) zum religiös-moralischen Gesetz erhoben. Die Textänderungen gegenüber der vorigen Auflage liegen nach Untersuchung der Zeitung vorwiegend im kosmetischen Bereich, etwa wenn das Wort „Züchtigung“ durch „Disziplinierung“ oder „körperliche Erziehungsmaßnahmen“ ersetzt wurde. Die Rute gilt nach wie vor als elterliche Pflicht. Für die Indizierung waren insbesondere Passagen bedeutsam, in denen das Schlagen von kleinen Kindern im Säuglings- bis zum Vorschulalter noch mehr als für ältere Kinder gefordert wird, denn mit den älteren könne man ja schon reden. Nach Ansicht der Bundesprüfstelle werden die Rechte von Kindern in dem Buch konsequent negiert und suggeriert, dass Kinder durch Schläge zu Demut, Gehorsam und völliger Unterordnung erzogen bzw. „trainiert“ werden sollten.

Eine aktuelle Recherche (Stand September 2017) ergab, dass z. B. im Shop des Lichtzeichen-Verlages das Buch sofort lieferbar erscheint. Auch cbuch.de, das mit „ausgewählt bibeltreuem Sortiment“ wirbt, hat das Buch im Programm, schreibt aber, dass es zur Zeit nicht ausgeliefert werden könne, bis die Rechtslage geklärt ist.

 

Süddeutsche Zeitung 12.08.2017

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Autor
HL
Dieser Beitrag ist erschienen in Confessio 3/2017 ab Seite 04