Gebetsraum an Schule

Gericht bestätigt Gebetsraum an Schule

Das Verwaltungsgericht in Berlin hat dem muslimischen Gymnasiasten Yunus Mitschele das Recht zugesprochen, an seiner Schule einmal täglich außerhalb des Unterrichts zu beten.

Mit dieser Entscheidung wird ein Streit beendet, der bereits im November 2007 seinen Anfang nahm. Damals untersagte die Schulleiterin des Gymnasiums Mitschele das Gebet in einer abgeschiedenen Ecke des Schulgebäudes. Der Schüler reichte mit Unterstützung seines Vaters (ein zum Islam konvertierter Deutscher) Klage ein. Im März 2008 wurde im Eilverfahren des Verwaltungsgerichts Berlin beschlossen, dass die Schule dem Jungen ein Gebet außerhalb des Unterrichts ermöglichen muss. Dieser kann sich nun während der Mittagspause in einen ungenutzten Computerraum zurückziehen.

Das Gericht will damit die Religionsfreiheit stärken, die auch das Gebet als ein nach außen gerichtetes Glaubensbekenntnis umfasst. Durch den abgeschlossenen Raum wiederum möchte die Gegenseite, die Senatsverwaltung für Bildung, die „werbende Präsentation des Glaubens“ eindämmen. Die Senatsverwaltung verweist auf die Neutralitätspflicht staatlicher Schulen. Sie fürchtet außerdem, dass dieser Einzelfall eine Signalwirkung nach sich ziehen könnte.

Die Neutralitätspflicht sieht das Verwaltungsgericht nicht als verletzt an, da sich diese in erster Linie auf die Zurückhaltung staatlicher Schulen bei eigenen Veranstaltungen bezieht.

Die Befürchtungen einer Signalwirkung seien ebenfalls unbegründet, da der provisorische Gebetsraum seit März 2008 nur selten genutzt werde und es bisher keine Forderungen weiterer Schulen für Gebetsräume gebe.

Solange der Unterricht nicht beeinträchtigt werde, könne von einem strenggläubigen Schüler nicht verlangt werden, auf seine Religionsausübung in Form des Gebetes zu verzichten. In Ausnahmesituationen sei es zwar für Muslime möglich, eines der fünf täglichen Gebete zu verschieben oder ganz auszulassen. Mitschele machte jedoch vor Gericht deutlich, dass dies für ihn persönlich über einen längeren Zeitraum nicht zumutbar wäre.

Der Islamwissenschaftler Mathias Grothe, der vor Gericht als Gutachter auftrat, bezeichnet das gefällte Urteil als Erweis dafür, dass der Islam in der deutschen Gesellschaft zu einem dauerhaften Bestandteil geworden ist, selbst wenn er der Mehrheit der Bürger fremd ist. Auch fremde religiöse Formen hätten ein Recht auf juristischen Schutz.

Aufgrund der grundsätzlichen Bedeutung des Falles hat das Verwaltungsgericht Berlin die Berufung zur nächsthöheren Instanz zugelassen. Die Senatsverwaltung für Bildung will nach eingehender Prüfung der Urteilsfindung entscheiden, ob sie den juristischen Streit weiterführen wird.

DM / Süddeutsche Zeitung 30. 9. 2009

 

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Dieser Beitrag ist erschienen in Confessio 5/2009 ab Seite 02