Keine Befreiung vom gemeinsamen Schwimmunterricht

Grundrechte der Religionsfreiheit und des staatlichen Bildungsauftrags

Ein muslimisches Mädchen ist vor Gericht mit der Forderung gescheitert, vom gemischten Schwimmunterricht befreit zu werden. Der Hessische Verwaltungsgerichtshof in Kassel wies die Berufung einer heute zwölf Jahre alten Schülerin aus Frankfurt ab. Sie wollte feststellen lassen, dass es Unrecht war, ihr im abgelaufenen Schuljahr im Alter von elf Jahren die Freistellung vom koedukativen Schwimmunterricht zu verweigern.

„Die Klägerin hätte damals am Schwimmunterricht teilnehmen müssen. Für diesen Zeitpunkt in diesem Einzelfall gab es keine Gründe für eine Befreiung“, sagte der Vorsitzende Richter und Präsident des VGH, Hans Rothaug (Az: 7 A 1590/12). Bereits zuvor hatten andere Oberverwaltungsgerichte in vergleichbaren Fällen ähnlich geurteilt. Wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Frage ließ der VGH aber eine Revision zum Bundesverwaltungsgericht zu.

Abzuwägen seien die Grundrechte der Religionsfreiheit und des staatlichen Bildungsauftrags. Er habe keinen Zweifel, dass die Klägerin es mit ihrem Glauben sehr ernst meine, betonte Rothaug. Das Tragen eines Burkinis sei ihr als „milderes Mittel“ an dieser Schule aber möglich gewesen. Ein Burkini ist ein Badeanzug, der den Bekleidungsvorschriften des Islam entspricht. Diesen hatte das Mädchen aber aus ästhetischen Gründen abgelehnt. An der Helene-Lange-Schule in Frankfurt haben vier von fünf Schülern einen Migrationshintergrund. Mehr als ein Drittel sind Muslime.

Erst im Juni hatte das Oberverwaltungsgericht in Bremen geurteilt, dass muslimische Grundschülerinnen keinen Anspruch auf Befreiung vom Schwimmunterricht haben (AZ: 1 B 99/12). Im Grundschulalter könne von einem persönlichen Gewissenskonflikt durch die Teilnahme am gemeinsamen Schwimmen für Mädchen und Jungen noch nicht ausgegangen werden.

Einen Befreiungsanspruch gebe es erst nach Einsetzen der Pubertät. Auch das nordrhein-westfälische Schulministerium hatte 2009 klargestellt, dass muslimische Schülerinnen und Schüler grundsätzlich am Schwimmunterricht und an Klassenfahrten teilnehmen müssen.

HL / www.vgh-kassel.justiz.hessen.de

 

 

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Dieser Beitrag ist erschienen in Confessio 4/2012 ab Seite 03