Handreichung „Christliche Patientenverfügung“ herausgegeben

ACK gibt Hilfen für die Grenzfälle des Lebens

Was rechtlich möglich ist, ist ethisch nicht unbedenklich, erklären die christlichen Kirchen in der am 26. Januar 2010 der Öffentlichkeit vorgestellten Handreichung „Christliche Patientenvorsorge durch Vorsorgevollmacht, Betreuungsverfügung, Behandlungswünsche und Patientenverfügung“. Sie beziehen sich damit auf die neue Rechtslage nach Inkrafttreten des „Dritten Gesetzes zur Änderung des Betreuungsrechts“ am 1. September 2009, wonach dem Patientenwillen unabhängig von Art und Stadium einer Erkrankung des Betreuten zur Geltung verholfen werden muss. Der Diskussion um die Reichweite von Patientenverfügungen setzt das Dokument entgegen, dass „Selbstbestimmung des Patienten und Fürsorge für den Patienten miteinander zu verbinden und aufeinander zu beziehen“ seien. Selbstbestimmung dürfe „nicht als völlige Unabhängigkeit missverstanden werden“, da sie „nur in sozialen Kontexten Gestalt“ gewinne.

Die Kirchen sind sich darin einig, dass eine ethische Pflicht von Wachkomapatienten, die Behandlung einer akuten Zweiterkrankung zuzulassen, „schwerlich geltend gemacht werden“ könne. Dann aber trennen sich die Wege. Für den Fall des Wachkomas muss der Patient sich in einem „Raum für ergänzende Verfügungen“ für einen von zwei Formulierungsvorschlägen entscheiden. Er kann erklären, dass erst dann ein Behandlungsabbruch vorgenommen werden soll, wenn eine Situation eintritt, die in absehbarer Zeit zum Tod führt oder eine Zweiterkrankung hinzutritt, an der er sterben könnte. Dies sei keine aktive Herbeiführung, sondern „ein Zulassen des Todes in dem Sinne, dass dem Tod nichts mehr entgegengesetzt und auf außergewöhnliche Mittel verzichtet wird“. Die zweite Option geht davon aus, dass auch unter Christen gefragt werde, ob es nicht vertretbar sei, nicht erst bei einer tödlichen Zweitkrankheit, sondern schon bei langer Dauer eines wahrscheinlich irreversiblen Wachkomas durch Behandlungsbeschränkung und/oder durch Beendigung künstlicher Ernährung „das Sterben zuzulassen“. „Die katholische Kirche stellt fest, dass aus ihrer Sicht die erste Alternative dringend angeraten ist.“

Ungeachtet der neuen Rechtslage halten die Kirchen die Bereithaltung lebensverlängernder Maßnahmen „in dem Maße ethisch geboten, wie sie sich als medizinisch angezeigt und wirksam erweisen, um das Leben zu erhalten oder die Gesundheit wiederherzustellen“. Die konkrete Entscheidung sei aber in der Zielperspektive „menschenwürdigen Sterbens“, zu treffen.

Die Kirchen erinnern zu Recht daran, dass menschliches Verhalten zumal in Grenzsituationen nicht nur unter dem Aspekt der Selbstbestimmung betrachtet werden kann. Es wird jedoch strittig bleiben, ob „Fürsorge“ so weit gehen kann, dass, so Erzbischof Zollitsch, „der Selbstbestimmung, und damit der Verantwortung für sich selbst, [...] die Verantwortung zur Seite gestellt [ist], die Dritte – auch der Staat – für einen Patienten tragen oder übernehmen können“.

Dr. Walter Schöpsdau
Konfessionskundliches Institut Bensheim

 

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