Monarchie in Wittenberg

Das „Neue Königreich Deutschland“ unter Peter Fitzek

„Besserwisser haben wir eine Menge, Bessermacher nicht. Und dann habe ich mir gedacht, ich zeige den Leuten mal, wie man es besser macht.“

So lautet das Credo von Peter Fitzek zur Gründung seines „Neuen Königreich Deutschland“: ein (Schein-)Staat mit (scheinbar) eigenem „Staatsvolk, Staatsgebiet und Staatsgewalt“ auf dem Gebiet der Bundesrepublik Deutschland als Mikronation. Dabei ist sein „Königreich“ weder rechtsfähige juristische Person, noch ein Staat im Sinne des Völkerrechts.

In den letzten Monaten sorgte Peter Fitzek und sein „Königreich Deutschland“ in den Medien für einiges Aufsehen. Der Öffentlichkeit durch Razzien bekannt gewordener Steuerbetrug sowie unerlaubte Versicherungs- und Bankgeschäfte brachten ihn in die Verhandlungssäle der zuständigen Gerichte. Deshalb suchten Fitzek und seine Anhänger nach Wegen, um weiter diese Geschäfte des „Königreiches“ betreiben zu können - so wurden eigene „Institutionen“ umbenannt, neue Verträge ausgeschrieben, Firmen umgeändert, aufgelöst und unter anderem Namen neu gegründet. Inzwischen taucht die Internetseite nur noch unter der schweizerischen Top-Level-Domain .ch auf, da die deutsche Seite von der Banken-Finanzaufsicht (BaFin) abgeschaltet worden ist. Trotz juristischer und finanzieller Sanktionen – der selbsternannte König wurde vom Amtsgericht Dessau-Roßlau zu einer Geldstrafe von 4200€ in 120 Tagessätzen a 35€ verurteilt – ist Fitzek scheinbar dennoch gewillt, sein „Königreich“ fortzuführen, denn in seinem Neujahrsbrief an alle Mitglieder appellierte er weiterhin an einen umfangreicheren Ausbau der Regionen und Veranstaltungen des „Königreiches“ in diesem Jahr.

Wie alles begann

Die „bedrohten Systemstrukturen“ der Bundesrepublik Deutschland zu ersetzen und eine neue Reform schaffen – das war das Ziel von Peter Fitzek, selbst ernannter Monarch des von ihm gegründeten „Königreiches Deutschland“, im vorherigen Leben Koch und Gaststätten/Hotelleiter. 1994 gab er an, mit einem Menschen in Berührung gekommen zu sein, welcher ihm magische Schriften zu lesen gab. Nachdem er diese „lange studiert hatte“, begann sich offenbar im Jahre 2006 seine Idee eines eigenen Staates zu entwickeln. Zunächst eröffnete er den Laden „Engelswelten“, in welchem allerhand esoterische Literatur und Materialien erhältlich waren. Beim Verkauf ließ sich Kontakt mit interessierten Kunden aufnehmen. So konnte er seine in ihm blühende Idee einer neuen Staatsgründung einem „eingeweihten Kreis“ näherbringen.

Durch wachsenden Zuspruch ermutigt, gründete er im Jahre 2009 den Verein „Neudeutschland“, welchem die Eintragung in das Vereinsregister allerdings untersagt wurde, da „die vom Beteiligten verfolgten Ziele mit dem Art. 9 Abs. 3 des GG nicht vereinbar sind“.1

Aber das hielt Fitzek, der bereits Erfahrungen mit der Selbstständigkeit durch verschiedene eigene Geschäfte sammeln konnte, nicht davon ab, einen weiteren Versuch zu unternehmen. Nach längerer Zeit der Anwerbung von Mitgliedern und Interessenten erfolgte die Gründung des „neuen Staates“ am 16.09.2012 auf dem neun Hektar großen „Staatsgelände“ in Wittenberg, welches Fitzek dank einer Großspende erwerben konnte. Mehrere tausend Menschen sollen sich auf dem Gelände zur „Gründungszeremonie“ versammelt haben, welche allerdings zuvor eine Eintrittskarte zum Preis von mehreren hundert Euro erworben haben. Der Scheinstaat wurde zunächst mit acht Bürgern gegründet. Dies stelle laut Fitzek die Anzahl der Harmonie und des Gleichgewichtes dar. Fitzek selber hat sich zum „König“ krönen lassen.

Ideologie

Fitzek sieht sich mit seinem Königreich in der Nachfolge des Deutschen Reiches ab 1945. Er akzeptiert weder die Gründung der Bundesrepublik Deutschland und der ehemaligen DDR, noch die Wiedervereinigung. Auch die für alle deutschen Bürger geltenden Gesetze akzeptiert er nur dann, wenn sie für ihn einen Nutzen haben, bzw. es der einzige Weg ist, um etwas zu erreichen. Lieber greift er auf seine eigene Verfassung zurück, welche auch für seine Anhänger gelten soll. Diese rechtlich bedenkliche Auffassung manifestiert sich z.B. dadurch, dass Fitzek nur mit einem von ihm entworfenen Führerschein fährt oder eine Gerichtsverhandlung plötzlich verlässt mit der Begründung, der Richter könne für ihn als „Monarchen“ gar nicht zuständig sein.

Fitzek wollte mit seiner Staatsidee durch Gelder seiner Anhänger „alle Ungerechtigkeiten auflösen“ und ein „Leben ohne Probleme schaffen“. Das „Königreich“ gewährleiste laut eines Flyers ein „freies Deutschland, Stabilität, eine friedliche Revolution, freie Schulen und Universitäten, ein neues Gesundheitssystem, ein sicheres Renten- und Bankensystem, eine neue Wirtschaftsordnung und eine dauerhaft friedliche Welt“.

Mitgliedschaft

Durch eine Antragstellung auf Mitgliedschaft kann man in das „Königreich“ eintreten und „Staatsbürger“ werden. Des Weiteren muss ein „Staatsbürgerseminar“ besucht werden. In diesem lernen die potentiellen Neumitglieder die eigens für das „Königreich“ entworfene „Verfassung“ kennen und sollen sich mit dieser identifizieren. Eine anschließende Prüfung folgt, auch die „Verfassung“ muss eigenhändig unterschrieben werden. Erst dann ist man „Staatsbürger“ und kann als dieser eine eigene Firma im „Königreich“ errichten und darin scheinbar steuerfrei tätig sein. Es gibt mehrere Räte zur Mitbestimmung, welche hierarchisch geordnet sind und nur einen Aufstieg nach entsprechenden Leistungen vorsehen.

561 Staatszugehörige, 59 Staatsangehörige „Volk“, 7 Staatsangehörige „Bürger“ und 4 Staatsangehörige auf Probe sind derzeit auf der Internetseite verzeichnet. Weiterhin sollen 6 Staatsbetriebe und 3 Einzelunternehmen (Reichs-Technologie-Zentrum, Online Markt Kadari, Akasha-Druck-Verlag) im „Königreich“ wirtschaftlich tätig sein.

Institutionen des Königreiches

Fitzek erwarb im Zuge seiner Staatsgründung Immobilien, um Institutionen, wie z. B. die „Deutsche Gesundheit“, die „Königliche Reichsbank“, die „Königliche Universität“, den „Kindergarten Wald und Wiesen“, die „Deutsche Rente“, ein eigenes Krankenhaus, das „Lichtzentrum Wittenberg“ und einige weitere Institutionen darin einzuquartieren und zu etablieren. Von dem Fortbestehen einiger dieser Projekte ist allerdings zum Teil wenig bekannt. Im Fitzek‘schen System scheinen die „Deutsche Gesundheit“ sowie die „Königliche Reichsbank“ die wichtigsten Einnahmequellen zu sein.

Mit dieser „Deutschen Gesundheit“ (ehemals „Neudeutschen Gesundheitskasse“) gründete Fitzek eine eigene Krankenkasse, die jedoch behördlich nicht genehmigt wurde. Aufgrund „zunehmender Unzufriedenheit der Bürger bezüglich der Schulmedizin“ sollte sich seine Krankenkasse durch Stärkung der Eigenverantwortung auszeichnen. Als Lokalität war das von Fitzek erworbene ehemalige Krankenhaus am Rande Wittenbergs hierfür bestimmt. Statt „ständig steigenden Beiträgen, einseitigen Behandlungsmöglichkeiten, fehlender Wissensvermittlung zur Unterstützung der Heilung von Krankheiten wie bei den normalen gesetzlichen Krankenkassen“, garantiere die „Fitzek‘sche Kasse“ kostenlose Gesundheitsseminare, keine Beitragserhöhung im Alter, mindestens 20% Kostenersparnis sowie Wissen über sich selbst und darüber hinaus „Gesundheit, Wohlbefinden und Lebensfreude“. Durch den Abschluss der Versicherung wird wahrheitswidrig vorgegeben, dass die Menschen einer gesetzlichen Verpflichtung zur Absicherung nachgekommen seien. Es sei daher auch keine andere Krankenkasse nötig. Mitglieder des Königreiches sollten gleichzeitig Mitglieder in der eigenen Krankenkasse sein.

In dem alten Krankenhaus sollte eine „Klinik für ganzheitliche Medizin“ entstehen. Es ist davon auszugehen, dass sich diese an der „Neuen germanischen Medizin“ nach Ryke Haamer ausgerichtet hätte, für die sich Fitzek interessiert und welche er zum Teil selbst auf Seminaren angepriesen hat. Die „Neue germanische Medizin“ versteht sich als alternative, ganzheitliche Ursachenbekämpfung bei Krankheiten im Gegensatz zur Schulmedizin, welche in den Augen der Anhänger nur die Symptome bekämpft. Demzufolge sollten auch die Operationsräume des alten Krankenhauses nicht wieder hergerichtet werden, da diese von den Anhängern nicht benötigt werden würden. Es zeichneten sich bereits von Anfang an Probleme ab: so beobachteten die BaFin, der Spitzenverband der Gesetzlichen Krankenversicherung sowie das Bundesministerium für Gesundheit Fitzeks Vorgehen und gingen dagegen vor. Nach mehrmaligem Briefwechsel zwischen Fitzek und der BaFin wurde ihm der Betrieb der „sogenannten Krankenkasse“ untersagt, da er keine hierfür erforderliche Erlaubnis nach § 5 Abs. 1 des Gesetzes über die Beaufsichtigung der Versicherungsunternehmen (VAG) hatte. Fitzek wurde daher aufgetragen, sämtliche bestehende „Mitgliedsverträge“ aufzuheben. Um die gesetzlichen Vorschriften zu umgehen, konstruierte Fitzek die Verträge neu und änderte den Namen der Krankenkasse. Deshalb trug sie schon mehrere Namen („Neudeutsche Gesundheitskasse“, „Neudeutsche Unterstützerkasse“ sowie „Deutsche Gesundheit“). Des Weiteren wurde inzwischen mehrfach die „Verantwortlichkeit“ für die Krankenkasse von Fitzek auf seine Vorstandsmitglieder abgewälzt.

Fazit

Fitzek bietet interessierten Menschen ein neues Gesellschaftssystem, welches sich am Gemeinwohl orientieren soll. Er propagiert eine Alternative zur BRD in mehreren Belangen: ein Gesundheitssystem, wo der Mensch lernen soll, sich selbst zu heilen; ein Finanzsystem, welches für das Gemeinwohl da sei; eine Universität, in der alles gelehrt werde, was man für den Aufbau eines Staates braucht; eine eigene Garde, die für die Sicherheit innerhalb des Königreiches verantwortlich ist; eine russische Schetinin-Schule, in der Lernen ohne Zwang möglich ist und vieles mehr. Die Intention dahinter scheint offenkundig das Anwerben neuer Anhänger darzustellen um den (Schein)-Staat so weit wie möglich ausbauen zu können und damit gleichzeitig eine finanziell attraktive Einnahmequelle zu unterhalten.

Wie es nach dem oben erwähnten Urteil des Amtsgerichts Dessau-Roßlau mit dem „Königreich“ weitergeht, bleibt abzuwarten. Fitzek scheint allerdings auch ein Anwesen in Paraguay zu besitzen. Vielleicht entsteht dann irgendwann ein „Königreich Paraguay“.

 



Quellen:
Internetseite Königreich Deutschland
http://koenigreichdeutschland.ch/de/

Reichsapfel, Zepter und Krone – Peter Fitzek und sein Königreich (Fernsehbeitrag Exakt)
https://www.youtube.com/watch?v=ThhdQpOmceM,

KönigreichDeutschlandTV
https://www.youtube.com/user/KRDeutschlandTV
alle Zugriff: 17.01.2015

 

Julia Vogel

studierte Sozialpädagogik und forscht zu Neuen Religiösen Bewegungen, Esoterik und Reichsbürgern.

Artikel-URL: https://confessio.de/artikel/325

Autor
Dieser Beitrag ist erschienen in Confessio 1/2015 ab Seite 08