Glaubensunterschiede
1. Bibel und neue Offenbarung
Die Kirche der Mormonen entstand 1830 in den USA, nachdem der Farmerssohn Joseph Smith (1805–1844) eine Vision hatte. Christus soll ihm offenbart haben, daß keine der vorhandenen Kirchen die wahre Kirche sei. Der Engel Moroni zeigte ihm später goldene Platten mit einer Geheimschrift, die Smith übersetzte. Daraus entstand das Buch Mormon. Es gilt als der Bibel gleichgestellte Offenbarungsquelle. Hinzu treten noch weitere Offenbarungen der jeweils amtierenden Präsidenten, die in dem Buch „Die köstliche Perle“ niedergeschrieben sind. Im Gegensatz zur evangelischen Kirche sind die Mormonen der Meinung, die Bibel bedürfe der Fortsetzung durch neue Offenbarungen.
2. Gott als Entwicklung
Grundprinzip der mormonischen Heilslehre ist die Vorstellung einer ständigen Entwicklung. Dies betrifft auch Gott selbst, der nach Joseph Smith’ Aussagen einen Körper aus Fleisch und Blut besitzt, einst ein Mensch war, und sich erst zum Gott entwickelt hat. Er gilt nicht als der Schöpfer der Materie, sondern habe sie lediglich geordnet. Die Trinität wird als drei getrennte Götter interpretiert.
3. Erlösung durch Verordnungen
Der Weg zum Heil führt nicht über die Rechtfertigung durch den Glauben, sondern allein über das Tun des göttlichen Willens zu Gott. Nur wer die „Gesetze und Verordnungen“ erfüllt, kann selig werden, heißt es in den „Glaubensartikeln“.
Ein Teil dieser Verordnungen wird in den mormonischen Tempeln nach geheim gehaltenen Ritualen durchgeführt. Dazu gehört die Versiegelung der Ehe, damit sie auch nach dem Tod in der himmlischen Welt gültig bleibt. Bekannter ist die Praxis der stellvertretenden Taufe für Verstorbene nichtmormonische Familienangehörige. Zu diesem Zweck wird von Mormonen umfangreiche Ahnenforschung betrieben.
Harald Lamprecht, 6/2001