Kurzdarstellung „Freimaurer“
Grundlagen
Die Freimaurer sind eine Bruderschaft, die unter Achtung der Menschenwürde für Toleranz, freie Entwicklung der Persönlichkeit und allgemeine Menschenliebe eintritt.
Ziel jeder freimaurerischen Handlung ist es, den Menschen sittlich und geistig zu vervollkommnen. In den Logen soll der Einzelne seine Persönlichkeit durch geistige Auseinandersetzungen mit den Brüdern und durch Kontemplation (Selbstversenkung, innere Betrachtung) entwickeln können. Das Menschenbild ist geprägt durch Toleranz, Freiheit, Brüderlichkeit und Transzendenz. Toleranz bedeutet hier das Fremde zu respektieren und lernen es besser zu verstehen. Ziel ist die absolute Gewissensfreiheit.
Die Arbeit der Freimaurer ist das Geschehen in den Freimaurertempeln. Fest gefügte Rituale und Symbole, die den Menschen umformen sollen, helfen dabei. Hier gilt nun folgender Leitsatz: Der Mensch ist als Individuum ein unbehauener Stein. Ziel ist es den Stein zu behauen und zu vervollkommnen. In einer brüderlichen Verbindung einer Loge soll der Mensch sein wahres Menschsein erkennen. Die Brüder belehren und helfen sich untereinander, wobei eine der wichtigsten Tugenden die Verschwiegenheit ist – nur aus ihr kann gegenseitiges Vertrauen entstehen. Das eigene Leben soll, wie ein Kunstwerk, durch Selbsterziehung und Selbstgestaltung heraus gearbeitet werden. Jeder Freimaurer baut so am Tempel der allgemeinen Menschenliebe mit.
Die ethischen Grundsätze begründen sich auf der Existenz des „Großen Baumeister“ aller Welten. Diese Bezeichnung des Schöpfers und Erhalters der Welt wirkt als allumfassender Rahmen, der dem Leben einen Sinn gibt. Aus dieser transzendenten Bindung heraus, lassen sich ethische Verhaltensnormen ableiten. Seit dem 18. Jahrhundert sind deshalb auch gemeinnützige Ziele in den Grundsätzen der Freimaurer verankert.
Wer in eine Freimaurerloge eintreten will, sollte einen guten Ruf mitbringen – der soziale Hintergrund spielt erst mal keine Rolle. Zwar ist das Freimaurersein als Lebensaufgabe gedacht, es wird aber niemand daran gehindert wieder auszutreten. Die Mitglieder sind in 3 verschiedene Stufen unterteilt: Lehrling, Geselle und Meister („3 Johannisgrade“).Der Vorsitzende („Meister vom Stuhl“) wird in einer freien Wahl durch die Mitglieder gewählt. Mit der Einweihung soll der Alltagsmensch sterben und ein neuer Mensch erstehen.
Jeder soll sich dabei mit den Themen: Wer bin ich? Der einzelne in seiner Umwelt und der eigene Tod auseinandersetzen.
Bei den Gesprächen innerhalb der Loge sind die Themen Religion und Politik allerdings Tabu, da die geistige Vervollkommnung auf einer über-konfessionellen und über-parteilichen Ebene erreicht werden soll.
Die Selbstverwirklichung als Freimaurer erfolgt so in der ständigen Auseinandersetzung zwischen Prinzipien und dem Individuellen. Gesteuert wird es vom Menschenbild und den Verhaltensnormen des „Großen Baumeisters“.
Symbole
Symbole und Bilder spielen in der Freimaurerei eine zentrale Rolle. Die früheren Werkzeuge der Handwerker übernehmen nun eine sinnbildliche Bedeutung:
Zirkel: In ihm erkennt der Freimaurer die Wirkung einer schöpferisch ordnenden Kraft, er zeigt außerdem die Verbindung der Menschen untereinander
Rechter Winkel: als Symbol für Rechtschaffenheit, Richtigkeit und Ordnung
Lot: zum Ausloten der (inneren) Tiefe, der Selbsterkenntnis
Freimaurer versprechen ihre Loyalität auf den Bund durch ein Gelöbnis, angesichts der drei „Großen Lichter“: Zirkel, Winkel und das Buch des „heiligen Gesetzes". Es ist dabei jedem selbst überlassen welches Buch er bevorzugt, so kann neben der Bibel auch der Koran, die Bhagavad Gita, oder andere „heilige Bücher" verwendet werden. Wichtig sind hier v.a. die ethischen und sittlichen Grundsätze.
Geschichte
Als eigentliche Vorläufer der Freimaurer gelten handwerkliche Bruderschaften des Steinmetzstandes, sowie Maurer und Decker. Sie trafen sich in den sogenannten „Bauhütten“, um zu diskutieren und sich auszutauschen. Später nahm man in England auch Nichtmaurer in die Gruppe auf. So entstanden einzelne Logen, die sich 1717 als erste Großloge unter Anthony Sayer in London zusammenschlossen. 1737 wurde dann die erste deutsche Großloge in Hamburg gegründet. Durch den Eintritt von Intellektuellen, Adligen und gesellschaftlich geachteten Personen, stieg das Ansehen der Logen in der Bevölkerung. Die Zusammenschlüsse dienten der Freundschaft der Mitglieder und der gegenseitigen Belehrung und Bildung. Ziel war es, aufgeklärt und glücklich zu sein. 1782 fand der erste internationale Freimaurer-Konvent statt, um Fehlentwicklungen und unseriöse Konkurrenten zu vermeiden. In der Bemühung um eine Neuordnung entstand der „Eklektische Bund“ in Frankfurt, welcher die drei Johannisgrade für alle Logen als verbindlich ansieht. In dieser Zeit entstehen die Gold- und Rosenkreuzer, sowie der Geheimbund der Illuminaten. Zusammen mit den Freimaurern prägen sie als gesellschaftliche Gruppierung die Aufklärung entscheidend mit. Im 19. Jahrhundert werden dann die Verfassungen der Großlogen modernisiert.
Während der nationalsozialistischen Herrschaft kommt es zur Verfolgung der Freimaurer und schließlich zur Auflösung aller Logen in Deutschland. Sie werden hineingezogen in die, von antiliberalen und rechtsradikalen Kreisen konstruierte „jüdisch-freimaurerische Weltverschwörung“. Noch heute wird dieser Vorwurf von einigen Antisemiten benutzt. Gegenstand von Spekulationen und Kontroversen waren und sind v.a. die geheimnisumwitterten Rituale in den Freimaurerlogen.
Nach dem Zweiten Weltkrieg formieren sich die Logen neu und verbinden sich 1958 zu den „Vereinigten Großlogen von Deutschland“. Die berühmtesten Freimaurer der letzten Jahrhunderte waren u.a.: Goethe, Haydn, Lessing, Mozart und George Washington.
Gegenwart
Heute gibt es ca. 20.000 Freimaurer und mehr als 400 Logen in nahezu allen Städten Deutschlands. Dabei existieren aber auch zahlreiche Richtungen der Freimaurerei, die sich von der Hauptrichtung der Johannislogen unterscheiden. Als „Reguläre“ Logen gelten diejenigen, die das Grundgesetz der „Mutterloge“, der Großloge in England anerkennen. Die Johannisgrade der „blauen Logen“ (d.h. der 1. bis 3. Grad: Lehrling, Geselle und Meister) werden überall akzeptiert. Darüber hinaus existiert die so genannte „Rote Freimaurerei“, ein Hochgradsystem, wie z.B. der „Schottischen Ritus“, der sich mit insgesamt 33 Graden der Freimaurerei beschäftigt. Die Hochgrade dienen als Weiterführung der blauen Grade, können aber auch zu einem philosophisch-esoterischen System ausgeweitet werden. Durchdrungen von mystischen, kabbalistischen und gnostischen Einflüssen, stellen sie dann vertiefende Erkenntnisstufen dar.
Die schwedische Lehrart, eine eher christliche Variante wird v.a. in den skandinavischen Ländern praktiziert. Hier wird eine stark ausgeprägte Christusmystik deutlich, die für Nicht-Christen eigentlich nicht annehmbar ist. In Deutschland ist sie, als sogenannte „Andreasloge“ durch die Großloge „Große Landesloge der Freimaurer von Deutschland“ (Freimaurerorden) vertreten.
Der „Grand Orient de France“ hingegen strich die Formulierung des „Großen Baumeisters aller Welten“ aus seiner Verfassung, so dass sich nun auch Atheisten, Materialisten und Spiritualisten in dieser Loge versammeln.
In den Verschwörungstheorien und Anfeindungen gegenüber Freimaurern spielen die Hochgrade, als elitäre Zirkel, eine besondere Rolle.
Beurteilung
Seit dem 18. Jahrhundert herrscht eine Kluft zwischen den Kirchen und den Freimaurern.
Von Seiten der Kirche wurde v.a. der Toleranzgedanke der Freimaurerei gegenüber allen Religionen abgelehnt. Der so bezeichnete religiöse Indifferentismus, also die Gleichgültigkeit gegenüber anderen Weltanschauungen, widersprechen der christlichen Auffassung. Dabei wurde auch die Bibel vom „Buch der Bücher“ zum „Buch unter Büchern“ herabstilisiert. Außerdem ist für Christen eine Selbstvervollkommnung ohne die Erlösung durch Christus unvorstellbar. Deshalb war eine gleichzeitige Zugehörigkeit von kirchlicher Seite aus, unvereinbar. Auch heute noch lehnt die katholische Kirche eine gelebte Verbindung von Freimaurerei und Christentum ab. Das Bild des „Großen Baumeisters“ wird als deistisches Gottesbild, also als eine Vorstellung, die nur die „natürlichen Gesetze der Vernunft“, nicht aber Offenbarungen und Wunder anerkennt, kritisiert. Den Glauben allein aus philosophischen Argumenten herzuleiten, scheint für Christen unmöglich. In Gesprächen mit der Evangelischen Kirche Deutschlands konnten die Freimaurer keinen ausschließlichen Gegensatz im Gottesverständnis und in der Ethik feststellen. Allerdings ist die Beurteilung, wie bei jeder religiösen Gruppe, durch die vielfältigen Formen und Lehren schwierig. So lassen sich die meisten Hochgradsysteme durch ihre gnostisch-mystische Ausrichtung oft nur schwer mit dem christlichen Glauben vereinbaren. Christen können aber durchaus auch Freimaurer sein (wie die Statistik ja auch beweist), wenn sie:
- den "Großen Baumeister" ausschließlich als den christlichen Gott verstehen und
- die Selbstvervollkommnung als christlichen Auftrag, also als ein Leben nach Gottes Geboten und nicht als eine Selbsterlösung betrachten.
Die hohen Werte der Glaubens-, Gewissens- und Denkfreiheit, welche die Freimaurer aus der Aufklärung übernommen haben, entsprechen dann auch einem christlichen Menschenbild.
Raphaela Kögler, 2003