Missbrauch bei Yoga

Sexuelle Übergriffe bei „Yoga im täglichen Leben“ (YIDL)

Die in der Esoterikszene angesiedelte Zeitschrift „connection spirit“ hat in ihrer Ausgabe 4/2012 einen bemerkenswerten und differenzierten kritischen Bericht über sexuelle Übergriffe des Gründers der Vereinigung „Yoga im täglichen Leben“ (YIDL), Swami Maheshwarananda publiziert. Die Autorin berichtet von mehreren Frauenschicksalen, die zunächst begeisterte Schülerinnen waren und für die ihr Guru zum spirituellen Vater und gottgleichen Meister wurde, dem sie bedingungslos vertrauten. Als der Guru sexuelle Dienste von ihnen verlangte gehorchten sie, aber es ging ihnen damit schlecht. Das Weltbild geriet ins Wanken und es ist schwer, jemand zum Reden zu finden. „Keiner verstand sie oder wollte auch nur mitfühlend zuhören. Unter den anderen YIDL-Mitgliedern – außerhalb hatte sie keine Freunde mehr – galt sie als krank und verdorben, verlor allen Selbstrespekt und fiel in eine Depression.“ heißt es von einer der Frauen, die erst über eine kritische Internetseite (www.beyondorange.org) Kontakt zu anderen Betroffenen und darüber neues Selbstvertrauen fand.

Für die andere interviewte Frau war der Vertrauensbruch des Guru fast noch schrecklicher als der sexuelle Missbrauch selbst. Auch sie war mit empörten Reaktionen der immer noch treuen Anhänger konfrontiert. An Stelle von Hilfe und Mitgefühl müssen die Opfer der Übergriffe mit Beschimpfungen und Anschuldigungen zurecht kommen, weil sie das Idealbild des Meisters beflecken.

In der Analyse der Vorgänge wird deutlich, dass die betroffenen Frauen allmählich begannen, die eigenen Entscheidungen ihrem Guru zu überlassen. Daraus entstand eine Abhängigkeit, die zwar das Leben zunächst erleichtert, aber auch immens verletzlich machte. Die Autorin stellt die Frage, ob bei solch einem Machtgefälle in der Beziehung überhaupt noch von einvernehmlichem Sex gesprochen werden kann - auch im Blick auf die Frauen, welche scheinbar freiwillig mit dem Swami ins Bett gehen.

Andere in der Struktur ähnlich gelagerte Fälle berichtet ein Artikel der „Frankfurter Rundschau“ im Zusammenhang mit dem populären amerikanischen Yogalehrer John Friend, dessen „Anasura“-Schule als am schnellsten wachsende Yoga-Richtung der Welt gepriesen wurde. 200 000 Anhänger in 70 Ländern gehören ebenso dazu wie 1500 von ihm ausgebildete Yoga-Lehrer und ein daraus resultierender Jahresumsatz von 2 Millionen Dollar. Diese Yogaschule versuchte einen Mittelweg zwischen rein sportlicher Gymnastik und Yoga als religiös-spiritueller Lebensweise zu finden, in dem zwar spirituelle Aspekte betont wurden, jedoch wenig verlangt wurde: Erleuchtung ohne Selbstkasteiung und mehr lustbetonte statt schwierige Übungen. Nun wurde bekannt, dass der Gründer und „Großmeister“ John Friend seit Jahren seine Machtposition missbrauchte, um mit Anhängerinnen sexuelle Kontakte einzugehen. Ein amerikanischer Blog (http://www.yogadork.com) hat die Vorwürfe und daraus entstandene Kontroverse dokumentiert und kommentiert.

 

connection-spirit 4/2012, 22-27, fr-online.de 25. 4. 2012

Artikel-URL: https://confessio.de/index.php/news/706