Anspruch und Wirklichkeit der Brockmann & Knoedler-Prüfkommission

Nachdem die seit Jahren schwelenden Vorwürfe sektenhafter Strukturen in den Weiterbildungen der Brockmann und Knoedler Academy Ende Januar die Öffentlichkeit erreichten, wurde durch Brockmann und Knoedler eine Public-Relations-Agentur beauftragt, diese Krisenkommunikation zu managen.
Zentrale Pfeiler der Strategie dieser Agentur waren:

  1. Bekanntgabe der Trennung von der hauptsächlich angegriffenen Progredi AG
  2. Einsetzung einer Prüfkommission aus Sektenexperten zur Untersuchung der Vorwürfe.

Versprochen wurde, dass ein großes Interesse an der Aufklärung seitens Brockmann & Knoedler bestehe und dass die Prüfkommission sämtliche relevante Unterlagen und Dokumente zur Verfügung gestellt bekäme, um zu ermitteln in wieweit tatsächlich scientologische Methoden im Unternehmen eingesetzt wurden.

Unter diesen Voraussetzungen hatte ich meine Bereitschaft zur Mitarbeit in der Prüfkommission erklärt, um damit den Aufklärungsprozess zu unterstützen.

Die seitdem gewonnenen Erfahrungen im Umgang mit der Prüfkommission haben mich zu der Einschätzung geführt, dass das vorrangige Ziel dieser Prüfkommission nicht die Aufklärung des Falles, sondern die mediale und juristische Ruhigstellung der Kritiker beinhaltete.

Ich habe darum der Agentur mitgeteilt, dass ich nicht Mitglied dieser Prüfkommission sein werde.




 

Die Gründe im Einzelnen:

1) Durch die Agentur wurde eine Aufteilung des Prüfprozesses in zwei Phasen vorgenommen, wobei Phase 1 die Fachseminare und Trainings von Brockmann & Knoedler betrachten und erst in Phase 2 die Methoden der Progredi AG begutachtet werden sollten, nachdem Phase 1 mit einem öffentliche Zwischenbericht abgeschlossen wurde.

Diese Aufteilung ist unsinnig und nicht zielführend, wenn es um die Aufklärung der Vorwürfe geht.
(Sie ist allein dann sinnvoll, wenn das primäre Ziel darin besteht, Brockmann und Knoedler in den Augen der Öffentlichkeit möglichst gut dastehen zu lassen.)

a) Brockmann & Knoedler (BuK) sind in der Praxis eng mit der Progredi AG verflochten. Nahezu alle Mitarbeiter wurden auf unterschiedliche Art in Seminare und Trainings von Progredi gedrängt. Die Tätigkeit von Progredi fand ganz wesentlich innerhalb des Unternehmens Brockmann und Knoedler statt. Die Trennlinie zwischen den Firmen ist schon personell nur schwer zu ziehen, weil die Kunden der BuK-Business-Academy als Trainer für Progredi an Mitarbeitern von BuK gearbeitet haben. Progredi-Trainings fanden nicht nur in der BuK-Business-Academy statt, sondern ebenso bei den monatlichen Mitarbeiterseminaren und bei dem Montagstraning für die Auszubildenden von BuK. Beide Firmen bildeten faktisch ein gemeinsames Funktionssystem.

Wenn jetzt so getan werden soll, als wären die Seminare der Progredi AG lediglich ein unbedeutendes fakultatives Zusatzangebot eines externen Dienstleisters für die Business-Kunden, dann entspricht das in keiner Weise der inneren Wirklichkeit, wie sie von den Mitarbeitern nahezu täglich erlebt wurde.
Die nunmehr versuchte nachträgliche Abkoppelung der Unternehmensbereiche folgt dem durchschaubaren Ziel, Brockmann und Knoedler aus der Verantwortung für das Wirken von Hans-Peter Huber und der Progredi-AG zu entlassen.

b) Wenn schon unbedingt eine solche schwierige Trennung vorgenommen werden soll, dann wäre es logisch, mit der Untersuchung der Progredi AG zu beginnen, weil sich in der Tat die meisten Vorwürfe und Problemanzeigen auf die Methoden von Hans-Peter Huber und seinen Mitarbeitern beziehen, die durch ihn bei BuK eingeführt wurden.
Hier aber sollten die klar benannten Problembereiche aber zunächst unberücksichtigt bleiben und erst in Phase 2 betrachtet werden, nachdem die Kommission sich mit voraussichtlich harmlosen Seminaren zu Haarschnitttechnik und Kundenwahrnehmung befasst und darüber einen „Persilschein“ ausgestellt hat.

Welcher Notarzt, dem ein Patient mit gebrochenem Bein eingeliefert wird, untersucht zunächst das Gehör des Patienten um dann zu verkünden, dass dieser Teil des Patienten gesund sei, bevor er sich mit dem Bein beschäftigt?

Welcher Bauherr, dessen Haus wegen Pfusch am Fundament ins rutschen kommt, lässt daraufhin von einer Kommission zuerst die Dichtheit der Fenster überprüfen?

Auf diese Diskrepanzen habe ich von Anfang an hingewiesen. Meine Argumente wurden aber nicht berücksichtigt.
Daraus kann ich nur den Schluss ziehen, dass es nicht um Aufklärung, sondern um Verschleierung der Probleme geht.

2) Im Laufe der zahlreichen bislang geführten Gespräche mit ehemaligen Trainern und Mitarbeitern von Brockmann und Knoedler wurden eine Reihe von Praktiken und Seminarbestandteilen identifiziert, die von den Mitarbeitern als seltsam bis verstörend erlebt wurden und inhaltlich eine besondere Nähe zu scientologischen Methoden aufweisen. Um diese Parallelen genauer untersuchen zu können und die Prüfarbeit der Kommission effektiv zu gestalten, wurden Brockmann & Knoedler gebeten, die Unterlagen zu diesen Elementen der Prüfkommission zur Verfügung zu stellen.

Dies wurde abgelehnt mit dem Verweis darauf, dass alle diese Dokumente zur Progredi AG gehören würden und bei BuK nicht vorliegen würden.

Daraus ergeben sich gewichtige Fragen:
- Wie kann es sein, das BuK ihre Mitarbeiter und Kunden in Seminare zu zu Übungen drängen, die in ihrem Haus und in ihrem Namen stattfinden, zu denen aber keine Unterlagen vorhanden sein sollen? Angesichts der Tatsache, dass ansonsten nahezu jeder Handgriff bei BuK durch detaillierte und ständig kontrollierte Arbeitsanweisungen geregelt ist, erzeugt eine solche Behauptung doch gewisse Verwunderung.

- Warum können BuK dennoch zu ihrer Verteidigung problemlos Papiere der Progredi AG vorlegen (wie bei der Pressekonferenz geschehen), aber der Prüfkomission angeblich solche Papiere nicht mehr direkt beschaffen?

Die angebliche Offenheit zur Prüfung der Vorwürfe bleibt angesichts solcher Erfahrungen ein leeres Versprechen.

3) Mit dem Ehepaar Brockmann & Knoedler und den sächsischen Mitgliedern der Prüfkommission war ein Gespräch vereinbart worden. Allein weil aufgrund noch nicht vollständig geklärter Rahmenbedingungen der Prüfkommission die entsprechenden Verträge nicht unterschrieben waren (s.u. unter 4.), haben Fam. Brockmann-Knoedler das Gespräch platzen lassen und sind nicht erschienen, obwohl zur vereinbarten Zeit alle Personen am Ort waren.

Hätte es ein ehrliches Interesse gegeben, etwas genaueres zu den Vorwürfen zu erfahren, etwas von der Sicht kennenzulernen, wie sie sich in vielen Gesprächen ehemaliger Mitarbeiter manifestiert hat, dann wäre dies problemlos auch ohne unterschrieben Verträge möglich gewesen. Alle anderen Gespräche im Rahmen meiner bisherigen Dienstlaufbahn habe ich problemlos ohne solche Verträge führen können.

Ich ziehe daraus den Schluss, dass kein ernsthaftes Interesse daran besteht, die aufgetretenen Probleme zu erkennen und zu beseitigen und dass die in Aussicht gestellten Gespräche und der versprochene Zugang zu Dokumenten und Unterlagen einzig dem Zweck dienten, mich zur Unterschrift unter die vorgelegten Verträge zu bringen und damit mundtot zu machen.

4) Die zur Regelung der Prüfarbeit vorgelegten Vertragsentwürfe erwecken den Eindruck von Knebelverträgen zur Behinderung öffentlicher Äußerungen der Prüfer. Sie enthalten zahlreiche Klauseln, welche die komplette Kontrolle des Prüfprozesses und seiner Ergebnisse in die Hände der von BuK beauftragten PR-Agentur – und damit mittelbar zu Brockmann und Knoedler selbst – geben sollten.

So sollen die Prüfer verpflichtet werden, „alle von ihnen zu dem zu prüfenden Sachverhalt bereits gefertigten Aufzeichnungen und Unterlagen, ebenso wie alle während des Prüfungsvorgangs gefertigten Aufzeichnungen und Unterlagen“ nicht nur an die weiteren Prüfer der Prüfkommission, sondern ebenso auch an die PR-Agentur „zu übergeben und diesen zugänglich zu machen“.
Des weiteren werden die Prüfer verpflichtet, die PR-Agentur „jederzeit umfassend über die gewonnenen Erkenntnisse und die Grundlagen, auf denen die gewonnenen Erkenntnisse beruhen, zu informieren.“

5) Darüber hinaus sollte den Prüfern mit umfangreichen Verschwiegenheitsverpflichtungen jegliche eigene öffentliche Äußerungen zum Thema untersagt werden und der PR-Agentur das alleinige Recht zu jeglicher Medienkommunikation in dieser Sache eingeräumt werden. Auch die Art der Präsentation des Abschlussberichtes sollen laut Vertragsentwurf von Brockmann & Knoedler mit entschieden werden und das exklusive Nutzungsrecht an allen Prüfergebnissen der Agentur zukommen.



Damit wären alle Weichen gestellt, damit folgendes Szenario Realität werden könnte:

Durch geschickte Wahl Prüfreihenfolge werden zunächst die besonders heiklen Punkte aus der Prüfung ausgeklammert. Die übrigen Seminarinhalte sind qualitätsvoll und harmlos. Eventuell dennoch verbliebene kritischen Aspekte werden durch die „Abstimmung“ mit der PR-Agentur entschärft, die sämtliche Unterlagen kontrolliert. Gegenläufige Voten der Prüfer sind dauerhaft ausgeschlossen. Diese dürfen sich nicht mehr außerhalb dieses Berichtes zum Thema äußern.

Die PR-Agentur hätte hervorragende Arbeit geleistet und das Unternehmen aus der Kritik geholt – allein der Wahrheit wäre nicht zum Recht verholfen worden.

Daran kann und will ich mich nicht beteiligen.

Zusammenfassung

  1. Kein erkennbares echtes Aufklärungsinteresse
  2. Tendenzen zu Verschleierung statt Klarstellung
  3. versuchte Knebelung der Ermittler

haben deutlich werden lassen, dass von der Konstruktion dieser Prüfkommission keine Aufklärung des Falles zu erwarten ist.


Wie geht es weiter?

 

  1. Ich werde weiterhin mit Betroffenen von von Brockmann & Knoedler bzw. Progredi Gespräche führen, um ein möglichst umfassendes Bild zu gewinnen.
     
  2. Ich bin nach wie vor gern bereit, auch direkt mit dem Ehepaar Brockmann-Knoedler über die Vorwürfe zu sprechen und Ihnen Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben.
     
  3. Zu gegebener Zeit werden die Ergebnisse dieser Untersuchungen der Öffentlichkeit vorgestellt.


Diese Untersuchungen führe ich im Rahmen meines Dienstauftrages als Beauftragter für Weltanschauungs- und Sektenfragen, und nicht im Auftrag von Brockmann & Knoedler oder einer von ihnen bestellten PR-Agentur.

Harald Lamprecht, 24. 2. 2014

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