Das Reich der Reichen und Schönen
Nur gut dreieinhalb Jahre war die in das Umfeld des Universellen Leben (UL) gehörende Zeitschrift „Das Friedensreich - Dein Reich kommt - Dein Wille geschieht. Bete und Arbeite“ auf dem Markt (vgl. MD-EZW 2/2001, 75f). Ohne vorherige Ankündigung, dass man deren Erscheinen einzustellen gedenkt, erhielten die Abonnenten Anfang September stattdessen die neue Zeitschrift „Das Reich der Reichen und Schönen“. Auch dieses Magazin mit dem Untertitel „Das Sprachrohr der Denkenden“ gibt dem Leser recht sperrige Anweisungen mit auf den Weg: „Bleiben Sie wachsam - Schauen und hören Sie - Treffen Sie frei Ihre Entscheidung“.
Im Layout sind beide Blätter einander ähnlich; der Aufmacher der neuen Zeitschrift signalisiert jedoch im Unterschied zu den vergleichsweise ansprechend gestalteten Titelbildern der Zeitschrift „Das Friedensreich“ - zumeist Naturaufnahmen - unmissverständlich das Programm: Polemik und Provokation.
Das erste Exemplar zeigt einen katholischen Geistlichen und wirbt in BILD-Zeitungsmanier mit der Schlagzeile: „Bischöfe zocken ab!“ Dass das neue Magazin sich als „zeitkritisch“ versteht und „die Zustände unserer Welt in provokativer Weise aufspießen“ will, wie es das Editorial forsch ankündigt, könnte den unbedarften Leser noch auf eine spannende Lektüre hoffen lassen. Aber selbst den dürfte ernüchtern, was folgt. Man ist, um es höflich auszudrücken, konsterniert von der dumpfen Polemik und Sprache des Blattes, das in schlichtester Schwarz-Weiß-Manier jedes, aber auch jedes Ressentiment bedient: vom aufgelisteten „Privatvermögen der Queen“ - inklusive der „bedeutendsten Briefmarkensammlung der Welt (mehr als 61 Mio. Pfund)“, über den 10 Millionen teuren Umbau einer Herberge in ein behindertengerechtes Feriendomizil eigens - so wird suggeriert - für einen 14-tägigen Ferienaufenthalt des Papstes, bis zu „Sex & Crime im schwedischen Pfarrhaus“.
Unter dem Titel „Existenz-Angst in Deutschland“ greift das Magazin auch „Hartz IV“ auf. Mit Botschaften wie „Die Mittelschicht stürzt ab“ wird allerdings wenig zur Versachlichung der Diskussion beigetragen. Kaum verwunderlich, dass natürlich auch bei diesem Thema Schuldige schnell ausgemacht und Patentrezepte zur Hand sind: „Die Kirchen sind immer noch die reichsten Institutionen in deutschen Landen. Sie schröpfen jährlich den Staat um Milliarden, die ihm nun in der Arbeitslosenkasse fehlen. Wenn Pfarrer und Bischöfe ihre Gürtel enger schnallen würden, hätte der Staat mehr Geld für seine Bürger.“ Übrigens sind die bemühten Zahlen vom vermeintlichen Reichtum der Kirchen einem Buch von Carsten Frerk entnommen. Im Jahre 2002 hatte er über „Finanzen und Vermögen der Kirchen“ berichtet. Das Buch ist jedoch mit Vorsicht zu genießen und hat zahlreiche handwerkliche Fehler. So werden beispielsweise die Rücklagen kirchlicher Versicherungen als Vermögen der Kirche dargestellt. Und ob sich der Kölner Dom und andere „Besitztümer“ dieser Art als (bei Bedarf verkäufliche) Vermögensobjekte beziffern lassen, darf bezweifelt werden - von den gewaltigen Erhaltungskosten gar nicht zu reden. Es ist hier nicht der Ort, näher auf die Publikation von Frerk einzugehen. Die neuerlich forcierte massive antikirchliche Polemik aus dem Umfeld des UL - mit der besprochenen Zeitschrift, mit großflächigen Plakaten und zahlreichen Broschüren - zeigt jedoch, dass die Kirchen auf Frerks Untersuchung deutlicher und vernehmlicher hätten reagieren sollen. Sachliche Entgegnungen sind zwar erfolgt, aber, da naturgemäß wenig medienwirksam, nur schwer zu finden. So dürfte die Polemik vorerst weitergehen.