Streit um Wort + Geist Zentren

Kritische Stellungnahmen zu „Wort+Geist“ von der Evangelischen Allianz Nürnberg und dem Bund Freikirchlicher Pfingstgemeinden

Sowohl die Evangelische Allianz als auch der Bund Freikirchlicher Pfingstgemeinden (BFP) sind keine Institutionen, die dafür bekannt wären, leichtfertig und vorschnell auf andere christliche Bewegungen einzuschlagen - noch dazu wenn diese ein erwecktes und lebendiges Glaubensleben für sich beanspruchen. Wenn nun im August 2009 kurz hintereinander sowohl eine fundierte und massive Kritik der Evangelischen Allianz Nürnberg[1] und ein ebenfalls sehr kritischer und warnender Erfahrungsbericht zu dem Wort+Geist-Zentrum in Röhrnbach in der Zeitschrift des BFP „Wort und Geist“[2] (bitte nicht verwechseln!) erschienen ist, so weist das auf eine besondere Schärfe des Problems hin.

Was ist „Wort+Geist“?

Die junge Geschichte von „Wort+Geist“ ist untrennbar mit dem Wirken von Helmut Bauer verknüpft. 1990 erlebte er seine Bekehrung zum christlichen Glauben und schloss sich später der pfingstlich geprägten Freien Christengemeinde in Freyung (Bayrischer Wald) an. Ab 1997 besuchte er das zur Wort-des-Glaubens-Bewegung gehörende Rhema Bibelzentrum in Wels (Österreich). Ein parallel dazu gegründeter eigener Hauskreis führte zu Polarisierungen und schließlich zur Spaltung der Freyunger Gemeinde. 1999 gründete Bauer mit einem großen Teil der Mitglieder seiner Ursprungsgemeinde das Wort+Geist-Zentrum, das zunächst in Waldkirchen und seit 2002 in Röhrnbach seinen Sitz hat. Schnell breitete sich die Bewegung aus und es entstanden viele neue zu Wort+Geist gehörende neue Gemeinden, eine Bibelschule und ein Medienunternehmen. In jüngster Zeit ist zu beobachten, dass Helmut Bauer eine immer herausgehobenere Stellung bekommt und ihm als „Völkerapostel“ eine dominerende Rolle zugeschrieben wird.

Profil

Markenzeichen von „Wort+Geist“ ist eine radikale Überordnung des Geistes über alles Materielle. Mit der Rede vom „Christus in uns“ soll die volle Göttlichkeit für jeden Christen in Anspruch genommen werden können. Damit sind gewaltige Verheißungen verbunden: Krankheit hat in Gott keinen Raum, folglich auch nicht in den Christen. Zentral geht es um die Begabung mit göttlicher Kraft. Die wöchentlichen Lehrabende heißen dementsprechend „Kraftabend“ oder „Powertreff“.

Kritik

Die Evangelische Zentralstelle für Weltanschauungsfragen hatte sich im Materialdienst 5/2009 ausführlich mit „Wort+Geist“ auseinandergesetzt und neben den theologischen Besonderheiten insbesondere die Radikalisierungen der letzten Zeit dargestellt.[3]

Kritik hatte es auch von freikirchlicher Seite bereits länger gegeben. Sowohl von pfingstlicher und baptistischer Seite als auch vom charismatischen Zusammenschluss „D-Netz“ gab es bereits 2006 kritische Stellungnahmen.[4] Inzwischen gibt es zahlreiche kritische Erfahrungsberichte im Internet.[5] Die aktuellen Stellungnahmen verdeutlichen damit die Problematik von „Wort+Geist“.

Erfahrungen eines Pastors

Frank Uphoff, Pastor der Freien Christengemeinde München, berichtet in der BFP-Zeitschrift „Wort und Geist“ von seinen zahlreichen Erfahrungen mit „Wort+Geist“. Der Beitrag mündet in 12 konkreten Warnungen. Seine Kritik betrifft vor allem:

• die Stellung von Helmut Bauer als „Völkerapostel“ mit einer ungesunden Machtkonzentration,

• die Trennungen und Spaltungen, die von der Bewegung ausgehen und Streit und Zerwürfnis unter Christen bringen,

• extrem polarisierende Botschaften, die schwere theologische Fehler enthalten bei einem phrasenhaften und aufputschenden Predigtstil, der als „Gehirnwäsche“ empfunden wurde,

• die geradezu gnostische Überbewertung des Geistigen, welche zur Bedeutungslosigkeit des Leiblichen führt. In der Folge entstehen Aussagen und Handlungen in Bezug auf Partnerschaft und Liebe, welche Ehen und Familien zerstören und in der Bewegung geistlich verbrämt noch als Segen verkauft werden.

Stellungnahme der Evangelischen Allianz

Die Evangelische Allianz Nürnberg argumentiert in ihrer Stellungnahme klar theologisch und kritisiert das verzerrte Gottesbild, welches die physische Seite der Schöpfung abwertet und Christus auf den Apekt einer spirituellen Kraft reduziert. Die Abwertung der Heiligen Schrift und der Verlust der Erlösungshoffnung führen zu einer Reihe praktischer Probleme im Gemeindealltag: Gottesdienste und Predigten werden auf „Kraftvermittlung“ konzentriert, der Umgang mit anderen Gemeinden und Werken ist von überheblicher Ausgrenzung geprägt und Zerwürfnisse mit Angehörigen sind eher die Regel als die Ausnahme. Auch die Auflösung der Ehe durch die postulierten „Liebesausgießungen“ bei Wort+Geist wird kritisiert.

Beide Stellungnahmen wollen Anregung zur eigenen kritischen Auseinandersetzung bieten. Diese scheint auch bitter nötig.

Harald Lamprecht

[1] Eine Abschrift ist unter http://www.irrglaube-und-wahrheit.ch/ftopic7698.html im Internet zu finden.

[2] http://www.wug-zeitschrift.de/pages/start/dokumentation-roehrnbach.php

[3] Stefanie Schmiedler, Berlin: Ein radikal übernatürliches Leben. Die „Wort+Geist“-Bewegung und der „Völkerapostel“ Helmut Bauer, Materialdienst der EZW, 5/2009, 177-183.

[4] http://www.ggenet.de/download/GGE_Stellungnahme.pdf

[5] Als Einstimmung können die Berichte im Forum http://www.irrglaube-und-wahrheit.ch  dienen.

 

Artikel-URL: https://confessio.de/index.php/artikel/229

Dieser Beitrag ist erschienen in Confessio 4/2009 ab Seite 10