Ehrlichkeit im Austausch

Erste Begegnungstagung zwischen evangelischen und neuapostolischen Christen in Meißen beendet

Die Glaubwürdigkeit des christlichen Zeugnisses leidet unter der konfessionellen Spaltung. Darum ist es eine Aufgabe aller Christen, sich um ein gemeinsames Verständnis des Evangeliums und um die Überwindung gegenseitiger Ausgrenzung zu bemühen. Grundlegender Schritt auf diesem Weg ist das wechselseitige Kennenlernen.

Bei der ersten Begegnungstagung zwischen Mitgliedern der Neuapostolischen Kirche (NAK) und der Evangelischen Kirchen in Mitteldeutschland vom 30. 4. bis 1. 5. 2010 an der Evangelischen Akademie Meißen haben die 19 Teilnehmerinnen und Teilnehmer in intensiven Gesprächen viel über die jeweils andere Kirche gelernt.

Gemeinsamer Glaubenskern

Ein hohes Maß an Übereinstimmung zeigte sich bei der Formulierung von grundlegenden Glaubensaussagen, wie sie z.B. im Blick auf die Rechenschaft vom Glauben gegenüber nichtchristlichen Menschen in der Nachbarschaft oder auf der Arbeitsstelle wichtig werden. Hervorhebenswert ist die Beobachtung, dass es den neuapostolischen Teilnehmern möglich war, die von ihnen für eine solche missionarische Situation als entscheidend angesehenen Glaubensinhalte ohne Verweis auf das Apostelamt auszudrücken.

Unterschiedliche Prägungen

Dass Unterschiede in der Gestaltung und Ausführung von Gottesdiensten neben Verwunderung auch als Befruchtung erlebt werden können, wenn deren Motivation verstanden wird, wurde in der Auswertung von zuvor erfolgten gegenseitigen Gottesdienstbesuchen deutlich. Die gemeinsame Bibelarbeit über 1. Kor 15, 1-11 befasste sich mit der Auferstehungshoffnung als Grundlage des christlichen Glaubens. Verschiedene Verständnisse und Schwerpunktsetzungen zeigten sich im Blick auf das Apostelamt und die Verkündigung der Wiederkunft Christi. Ausgehend von den Erfahrungen beim Gottesdienstbesuch entstand eine lebhafte Diskussion über die jeweilige Abendmahlspraxis und -zulassung sowie aktuelle Probleme im Miteinander der Kirchen.

Hoffnungen und Wünsche

Die evangelischen Teilnehmer drückten die Hoffnung aus, dass die Neuapostolische Kirche zu einem Selbstverständnis findet, welches andere Christen nicht ausgrenzt. Von Seiten der Neuapostolischen Kirche wurde der Wunsch formuliert, dass die Evangelische Kirche und die Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen (ACK) bei der Bewertung der Freikirchen und Sondergemeinschaften nicht mit zweierlei Maß messen. Insgesamt handelte es sich um eine Begegnung, die von einem offenen und ehrlichen Gedankenaustausch geprägt war.

Ziel: Kennenlernen fördern

Evangelische Kirche und Neuapostolische Kirche teilen – neben unterschiedlichen Lehrauffassungen – einen weiten Bestand an Glaubensüberzeugungen. In den vergangenen Jahrzehnten gab es jedoch kaum gegenseitige Begegnungen. Daraus folgen nicht selten Unkenntnis, Missverständnisse und gegenseitige Abgrenzungen. Das Gespräch auf dieser Tagung verfolgte das Ziel, das gegenseitige Kennenlernen und damit die Ökumene zu fördern. Eine solche Tagung, die Amtsträger, Mitarbeiter und Gemeindeglieder aus beiden Kirchen miteinander ins Gespräch gebracht hat, ist in der Kirchengeschichte ein Novum.

An der vom Evangelischen Bund Sachsen zusammen mit der Evangelischen Konferenz für konfessionskundliche Arbeit in Sachsen-Anhalt und Thüringen organisierten Veranstaltung nahmen evangelische Christen aus Sachsen, der Evangelischen Kirche Mitteldeutschland (EKM), der Evangelischen Kirche Anhalt und der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg Schlesische Oberlausitz (EKBO) sowie neuapostolische Christen aus der Gebietskirche Sachsen/Thüringen teil.

Harald Lamprecht

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Dieser Beitrag ist erschienen in Confessio 2/2010 ab Seite 18