Satanismus als Experiment

Spiritismus, Pendeln, Gläserrücken und was daraus werden kann

Es ist Abend. Einige Jugendliche sitzen um einen Tisch, ein Glas wird hin und hergeschoben und soll die Fragen der Teilnehmer beantworten – derartige Experimente vollziehen Studien zufolge etwa ein Viertel bis ein Drittel aller Jugendlichen. Meist ist Neugier das treibende Motiv. Aber auch die Spannung des Mysteriösen und Unerklärlichen bringt eine gewisse Faszination mit sich.

Geisterkontakte

SeanceMit Satanismus haben solche spiritistischen Experimente an sich nichts zu tun. Tausende suchten in der Vergangenheit auf diese Weise Kontakt mit Geistern. Häufig meinte man, in solchen Sitzungen täten sich die Geister verstorbener Menschen kund und vermittelten Botschaften aus dem Jenseits. In der Gegenwart sind in Esoterik-Kreisen medial vermittelte Botschaften „höherer Geistwesen“ unter dem Namen „Channeling“ wieder populär geworden. An den Teufel denkt dabei kaum einer.

Eine Beziehung zum Satanismus entsteht erst (und nur dann), wenn in solchen Séancen gezielt Satan angerufen wird. Dies scheint allerdings bei Jugendlichen nicht selten zu geschehen - sei es, weil ihnen kein anderer „Gesprächspartner“ einfällt, oder sei es wegen des besonderen damit verbundenen Gruseleffektes.

Effekte

Für die meisten der bei den Séancen auftretenden Effekte gibt es plausible natürliche Erklärungen, die keine Manifestation von Geistern erfordern. Das bedeutet nicht, dass es keine Geister geben könne, sondern dass die meisten Effekte nicht das sind, was sie zu sein scheinen. Sie sind keine Kundgaben aus der geistigen Welt, sondern Täuschungen aus dem eigenen Inneren.

Jeder, der schon einmal ein Pendel in der Hand gehalten hat, weiß wie schwer es ist, es ruhig zu halten. Kleinste Bewegungen am oberen Ende werden durch die Schwingungen verstärkt und bringen den Ausschlag hervor. Dabei muss man gar nicht bewusst das Pendel manipulieren wollen – es kann auch so zum Instrument der Anzeige der eigenen unbewussten Wünsche und Angste, Träume und Hoffnungen werden. Geister sind nicht nötig, um es herumzuschubsen. Das kann jeder selbst viel einfacher.

Beim Gläserrücken sitzen die Beteiligten im Kreis und legen jeweils einen Finger auf den Rand eines Glases. Wie beim Pendeln entsteht der Effekt dass sich das Glas bewegt dadurch, dass man meint dafür viel mehr Kraft zu benötigen, als es tatsächlich der Fall ist.

Natürlich bleibt die Frage, woher Glas oder Pendel manchmal verblüffende Details zu „wissen“ scheinen, die nur einigen der Beteiligten bekannt sind. Offenbar sind einige – besonders die überindividuellen – Zusammenhänge der menschlichen Psyche noch unzureichend erforscht um hier eindeutige Antworten geben zu können. Gottes Schöpfung ist weitaus vielfältiger als der kleine uns einsichtige Bereich. Darum muss man aber nicht alles unerklärliche vermeintlich allwissenden Geistern aus der Finsternis zuschreiben.

Bewertung

Sind Pendeln und Gläserrücken nun harmloser Zeitvertreib oder gefährlicher Dämonenkult? Weder das eine, noch das andere trifft den Kern der Sache.

Die Bibel warnt vor der Anwendung einer Reihe von Orakelpraktiken, zu denen auch die Totenbeschwörung gehört. Sie tut dies nicht, weil man sich dadurch eine gleichsam automatisch eine magisch wirkende okkulte Belastung einfängt, sondern weil die Gefahr besteht, dass man in geistige Bindungen gerät, aus denen man sich nur schwer wieder lösen kann.

Wer z. B. das Pendel nach seinem Todestag befragt, wird hinterher nicht mehr so unbeschwert weiterleben können wie vorher. Egal wie sehr man sich versucht klarzumachen, dass das alles sicherlich Quatsch sei – der Gedanke daran lässt sich nicht so leicht wieder vertreiben.

Auch wenn während einer Séance etwas ungewöhnliches geschieht, kann schnell der erwünschte Gruseleffekt in eine nicht mehr gewünschte, weil nicht beherrschbare Angst umschlagen. Solche Angst aber macht unfrei. Darin liegt die mitunter dämonische Wirkung spiritistischer Experimente und davor möchte uns die biblische Warnung bewahren.

Harald Lamprecht, 9/2001
Dr. Harald Lamprecht

ist Beauftragter für Weltanschauungs- und Sektenfragen der Ev.-Luth. Landeskirche Sachsens und Geschäftsführer des Evangelischen Bundes Sachsen.

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Dieser Beitrag ist erschienen in Confessio Themenheft 01 ab Seite 12