Islamwissenschaftler verliert Ausbildungserlaubnis
Die Bemühungen um die Etablierung einer deutschen Ausbildung für islamische Religionslehrer haben einen Rückschlag erlitten, indem der Islamwissenschaftler Muhammad Sven Kalisch seine Ausbildungserlaubnis entzogen bekam. Er ist er Inhaber des ersten Lehrstuhls für die Lehrerausbildung in Islamkunde, der an der Universität Münster angesiedelt ist. Die islamischen Verbände hatten sich gegen ihn ausgesprochen, weil ihnen seine historisch-kritische Zugangsweise zu weit ging. Kalisch hatte geäußert, er halte die Geschichtlichkeit Mohammeds „weder für beweisbar noch für widerlegbar“. Zweifel an der historischen Existenz Mohammeds erscheinen für die islamischen Verbände aber nicht akzeptabel. Gegenüber Deutschlandradio Kultur warnte Kalisch davor, auf einen Islam zu setzen, der eine historisch-kritische Methode ablehne und von den islamischen Verbänden definiert werde. Moderner Religionsunterricht müsse auch für kritische Fragen offen sein. Das Kultusministerium in Nordrhein-Westfalen hatte angekündigt, eine zweite Professur am Lehrstuhl einzurichten und Kalisch auf die Forschung zu beschränken. Dies kritisierte auch der Leiter der christlich-islamischen Forschungsstelle Cibedo in Frankfurt, Peter Hünseler, als vorschnelles Einknicken des Staates vor den islamischen Verbänden. Die Ansätze für einen wissenschaftlich-kritischen Umgang mit den Quellen des Islam seien überfällig und heilsam, betonte er. In einem ausführlichen Interview mit der ZEIT meinte Kalisch, „Wenn die Theologie nicht auch grundlegende Glaubensinhalte hinterfragen darf, hat sie an einer modernen Universität nichts verloren.“ Obwohl sie von der Politik favorisiert werden hält Kalisch die konservativen Islamischen Verbände mit ihren derzeitigen Positionen als Träger des islamischen Religionsunterrichts für ungeeignet, weil sie die historisch-kritische Forschung an der Universität ausschließen wollen. „Und will man wirklich, dass ganze Generationen von Muslimen von Pädagogen ausgebildet werden, die sich nach dem richten, was die Verbände vorgeben?“
HL / Ev. Gemeindeblatt für Württemberg, 41/2008, 9., DIE ZEIT 41/2008 S. 41