Eine neue Mission: Der „Päpstliche Rat zur Förderung der Neuevangelisierung“
Papst Benedikt XVI. ist nicht zufrieden. Die Welt hat sich verändert und die Moderne ist dabei nicht spurlos an den alten christlichen Landschaften vorbei gegangen. Wirtschaftliche, soziale und kulturelle Veränderungen, individuelle Freiheit und wissenschaftliche Entwicklung haben die alten Lande des Christentums vom römisch-katholischen Glauben entfernt. Die religiöse Dimension des menschlichen Lebens verläuft nicht länger in den Bahnen, die das römische Lehramt vorgibt, sondern sucht sich eigene Wege und macht dabei auch vor den Fundamenten der römisch-katholischen Kirche nicht Halt. Was manche Menschen als Befreiung ansähen, so der Papst, offenbare in Wirklichkeit die innere Wüste des Menschen, der sich selbst als Maßstab aller Dinge ansehe. Deshalb sei es an der Zeit zu reagieren. Mit dem am 12. Oktober 2010 veröffentlichten Motu proprio „Ubicumque et semper“ („Überall und immer“) ordnet Benedikt XVI. die Gründung eines neuen päpstlichen Rates an und setzt damit eine Forderung in die Praxis um, die bereits Johannes Paul II. 1990 in seiner Enzyklika „Redemptoris Missio“ (Über die fortdauernde Gültigkeit des missionarischen Auftrages) erhoben hatte. Dieser erkannte damals, dass sich die Kirche „vor allem in Ländern mit alter christlicher Tradition“ mit einer Situation konfrontiert sehe, in der „ganze Gruppen von Getauften den lebendigen Sinn des Glaubens verloren haben oder sich gar nicht mehr als Mitglieder der Kirche erkennen, da sie sich in ihrem Leben von Christus und vom Evangelium entfernt haben“ – deshalb müsse die Kirche eine „neue Evangelisierung“ oder eine „Wieder-Evangelisierung“ anstreben (RM 33).
Der von Benedikt XVI. initiierte „Päpstliche Rat zur Förderung der Neuevangelisierung“ bewegt sich also genau auf dieser Linie, wenn er versucht, in Zusammenarbeit mit Ortskirchen und Orden den katholischen Katechismus als Grundlage des modernen Lebens zu etablieren. Er soll dazu eine neue Mission der alten Lande in Gang setzen und dabei mit Hilfe neuer Mittel und Wege der Kommunikation die zunehmende Säkularisierung der christlichen Länder aufhalten. Speziell sind dabei die Menschen im Blick, die zwar getauft sind, aber keinen inneren Bezug zum Christentum haben. Diesen soll die katholische Lehre wieder nahegebracht werden. Dass dabei anscheinend besonders auf Fragen der Moral geachtet werden soll, zeigt zum einen die Ernennung von Erzbischof Rino Fisichella, dem früheren Präsidenten der Päpstlichen Akademie für das Leben, deutlicher aber zum anderen das Motu proprio selbst, das Fragen zu Anfang und Ende des menschlichen Lebens und zum Naturrecht, also explizit ethisch umstrittene Themen, zu den nicht diskutierbaren Fundamenten des Glaubens zählt.
Mit modernen Mitteln soll der moderne Mensch demnach wieder an die Fundamente seiner selbst geführt werden, wobei diese für Benedikt XVI. freilich mit denen der römisch-katholischen Kirche identisch sind.
Dr. Paul Metzger,
Konfessionskundliches Institut Bensheim
Ein ausführlicher Kommentar zu diesem Motu proprio ist auf der Webseite des Konfessionskundlichen Institus, www.ki-bensheim.de erhältlich.