Liebe ordnet die Welt
Benedikt XVI. nimmt in seiner ersten Enzyklika „Deus caritas est“ vom 25. Januar 2006 das Thema Liebe zum Ausgangspunkt für eine grundsätzliche Verhältnisbestimmung der Kirche zur Welt. Er leitet aus dem Prinzip der Gottes- und Nächstenliebe eine Standortbestimmung der römisch-katholischen Kirche in der globalisierten Welt ab. Grundlage ist ihm dabei die inhaltliche Verbundenheit von Offenbarung und Vernunft, wie sie auch in der Enzyklika „Fides et Ratio“ seines Vorgängers Johannes Paul II. dargelegt wird.
Sämtliche philosophische Überlegungen zur Liebe wie auch die menschliche Erfahrung der Liebe führen für den Papst letztlich zu den gleichen Grundannahmen, wie sie im christlichen Glauben ausgedrückt sind. Die Ehe erfährt deshalb eine typologische Deutung mit einer doppelten Pointe: Dem monotheistischen Gottesbild entspricht die monogame Ehe zwischen Mann und Frau; gleichzeitig wird die auf ausschließlicher und endgültiger Liebe bestehende Ehe zur Darstellung des Verhältnisses Gottes zu seinem Volk. Im Erwählungshandeln Gottes fallen die beiden Dimensionen der einen Liebe, Eros und Agape, ineinander.
Im praktischen Teil seiner Ausführungen plädiert Benedikt XVI. für eine konsequente Weiterentwicklung der katholischen Soziallehre. Der Aufbau gerechter Strukturen innerhalb der Gesellschaft ist zwar Aufgabe der Politik, die dies nach der Maßgabe „selbstverantwortlicher Vernunft“ leistet; die Kirche hat aber eine mittelbare Aufgabe an diesem Projekt, nämlich die „Reinigung der Vernunft zur Weckung der sittlichen Kräfte“. Damit leistet sie Hilfe zum Erkennen dessen, was jetzt erkannt und durchgeführt werden muss.
Grundsätzlich gilt aber, dass niemals eine Regierung eine gerechte Ordnung schaffen kann, die Liebe als personale Aktion überflüssig machen würde. Insofern ist letztlich jede gesellschaftliche Ordnung auf das caritative Wirken von Kirche angewiesen.