Orks treffen Weihnachtsmann
Der König von Narnia im Kino
Wie jedes Jahr zur Weihnachtszeit bringen die Filmstudios mehr oder wenig heftig romantische und vor allem familientaugliche Kost auf die Leinwand. In diesem Jahr soll die Verfilmung von C. S. Lewis’ Kinderbuch „Der König von Narnia“ Disneys Kassen klingeln lassen und die Familien auf Weihnachten einstimmen. Aus weltanschaulicher Perspektive ist dies ein sehr beachtenswertes Unterfangen, versucht dieses Buch doch eine Synthese aus populärer Fantasy-Literatur und christlicher Botschaft.
Disney Enterprises und Walden Media schicken sich an, mit dem „König von Narnia“ dem Trend etwas entgegen zu setzen. Dabei hoffen die Produzenten, einerseits an die verbreitete Fantasy-Begeisterung anknüpfen zu können - spielen doch die Narnia-Erzählungen ebenfalls in einer fantastischen Welt, in der auch die eingangs genannten Wesenheiten ihren Platz haben. Andererseits soll der Film aber ebenso gezielt christliche Zielgruppen ansprechen, die bislang dem Fantasy-Genre mehrheitlich distanziert bis schroff ablehnend gegenüberstanden. Die Verbindung zwischen beiden Seiten liegt in dem Autor der Narnia-Bücher, C. S. Lewis. Lewis war persönlich mit J. R. R.Tolkien befreundet, war wie jener Professor für Literaturwissenschaft und begleitete dessen Arbeit am Epos „Herr der Ringe“. Zudem war Lewis Christ. Das war Tolkien zwar auch, aber Lewis ging in seinem Kinderbuch „Der König von Narnia“ noch einen Schritt weiter: Er entwarf die fantastische Erzählung als eine Allegorie auf das Erlösungswerk von Jesus. Bis in Details der Passionsberichte hinein können christliche Leser das biblische Vorbild spüren, auch wenn es nie explizit ausgesprochen wird.
1) Die Hexe ist eindeutig als böse charakterisiert. Gute Hexen und Zauberer wie bei Harry Potter oder beim Herrn der Ringe (Gandalf) gibt es nicht.
2) Magie wird ausschließlich von der Hexe und immer zum Bösen praktiziert. Die anderen fantastischen Wesen mögen zwar sonderbar aussehen, haben aber ebenso wie die Kinder keine magischen Fähigkeiten.
3) Die Erlösung von der Macht des Bösen geschieht ausdrücklich nicht durch eigene Anstrengung oder Heldentaten der Kinder - auch wenn diese nicht unwichtig sind - sondern allein durch das Erscheinen und das Opfer Aslans.
Auch literarisch reicht der „König von Narnia“ nicht an die Spannung und Vielschichtigkeit der anderen Romane „Herr der Ringe“, Harry Potter, Andersens „Schneekönigin“ oder an die biblische Vorlage heran. Im Vergleich zu Harry Potter fällt das völlige Fehlen von Humor auf. Problematisch ist, dass Böses durch Abstammung erklärt wird: die Hexe sei so böse, weil sie Tochter von Lilith (einer Gestalt der jüdischen Mythologie) und eines Riesen sei. Auch ernsthafte moralische Konflikte, in denen sich die Kinder bewähren müssten, gibt es nicht. Die Erzählung verläuft geradlinig und ohne größere Überraschungen - sieht man einmal von der Auferstehung des Löwen ab.
Als Disneys Weihnachsmärchen ist der „König von Narnia“ allemal gehaltvoller als amerikanischer Kitsch wie „Der Grinch“ und als Fantasy-Film sicherlich deutlich familienfreundlicher als mystische Kriegsfilme wie der „Herr der Ringe“.
Harald Lamprecht
Finstere Fantasy christianisiert
Nicht nur mit dem Erfolg der Bücher und Filme von „Harry Potter“ und dem „Herrn der Ringe“, sondern auch über Rollenspiele, Kartenspiele, Comics und Computerspiele dringen Elfen und Gnome, Feen und Zauberer, Orks und Werwölfe sowie Hexen und Riesen in großer Zahl in unsere Welt ein. Bei aller Unterschiedlichkeit ist diesen Fantasy-Bildwelten eines gemeinsam: Magie und Zauberkräfte spielen in ihnen eine zentrale Rolle. Zudem sind die Bildwelten oft sehr finster angelegt und manche, wie z. B. das Sammelkartenspiel „Magic The Gathering“, wirken zudem stark gewalttätig.Disney Enterprises und Walden Media schicken sich an, mit dem „König von Narnia“ dem Trend etwas entgegen zu setzen. Dabei hoffen die Produzenten, einerseits an die verbreitete Fantasy-Begeisterung anknüpfen zu können - spielen doch die Narnia-Erzählungen ebenfalls in einer fantastischen Welt, in der auch die eingangs genannten Wesenheiten ihren Platz haben. Andererseits soll der Film aber ebenso gezielt christliche Zielgruppen ansprechen, die bislang dem Fantasy-Genre mehrheitlich distanziert bis schroff ablehnend gegenüberstanden. Die Verbindung zwischen beiden Seiten liegt in dem Autor der Narnia-Bücher, C. S. Lewis. Lewis war persönlich mit J. R. R.Tolkien befreundet, war wie jener Professor für Literaturwissenschaft und begleitete dessen Arbeit am Epos „Herr der Ringe“. Zudem war Lewis Christ. Das war Tolkien zwar auch, aber Lewis ging in seinem Kinderbuch „Der König von Narnia“ noch einen Schritt weiter: Er entwarf die fantastische Erzählung als eine Allegorie auf das Erlösungswerk von Jesus. Bis in Details der Passionsberichte hinein können christliche Leser das biblische Vorbild spüren, auch wenn es nie explizit ausgesprochen wird.
Schneekönigin und Sühneopfer
Die Grundstruktur der Handlung ist relativ schnell erzählt. Vier Kinder, die wegen der Bombenangriffe auf London aufs Land geschickt wurden, entdecken in dem großen Haus einen alten Kleiderschrank, durch den sie in das fantastische Land Narnia gelangen. Dort hat eine böse Hexe, die deutliche Ähnlichkeit mit Andersens Schneekönigin zeigt, das Land verzaubert, so dass es immer Winter ist, aber niemals Weihnachten wird. Allerdings gibt es eine Prophezeiung, dass beim Erscheinen von Menschen in Narnia ihre Herrschaft dem Ende entgegengeht. Darum versucht sie der Kinder habhaft zu werden, um sie - wie alle ihr missliebigen Personen - in Statuen zu verwandeln. Unterstützung findet sie zunächst in dem Jungen Edmund, der aus Zorn über seine Geschwister und verlockt von falschen Versprechungen der Hexe den Aufenthaltsort der anderen Kinder an sie verrät. Rettung bringt die Ankunft des Löwen Aslan, der eigentliche rechtmäßige Herrscher über Narnia. Dogmatisch (fast) korrekt: Der Weihnachtsmann kommt zwar auch auf einem Rentierschlitten und verteilt Geschenke, hat aber die Funktion, das Nahen der Erlösung durch das Erscheinen Aslans anzukündigen. Dramatischer Höhepunkt ist das Selbstopfer Aslans, der sichstellvertretend für Edmund von der Hexe umbringen lässt, um auf diese Weise dessen Verrat zu sühnen und ihn aus der Macht der Hexe zu erlösen. Da er aber als freiwilliges Opfer ohne eigene Schuld in den Tod ging, hat er damit die Macht des Todes besiegt. Nach seiner Auferstehung erlöst er die versteinerten Statuen und besiegt die Hexe und ihr finsteres Gefolge in einer großen finalen Schlacht.Gut und böse eindeutig verteilt
Christlich verträgliche Fantasy ist der König von Narnia aus mehreren Gründen:1) Die Hexe ist eindeutig als böse charakterisiert. Gute Hexen und Zauberer wie bei Harry Potter oder beim Herrn der Ringe (Gandalf) gibt es nicht.
2) Magie wird ausschließlich von der Hexe und immer zum Bösen praktiziert. Die anderen fantastischen Wesen mögen zwar sonderbar aussehen, haben aber ebenso wie die Kinder keine magischen Fähigkeiten.
3) Die Erlösung von der Macht des Bösen geschieht ausdrücklich nicht durch eigene Anstrengung oder Heldentaten der Kinder - auch wenn diese nicht unwichtig sind - sondern allein durch das Erscheinen und das Opfer Aslans.
Strenge statt Liebe
An einer theologischen Allegorie muss andererseits auch etwas theologische Kritik erlaubt sein. Im „König von Narnia“ wird Erlösung fast ausschließlich unter dem Aspekt von Schuld und Sühne behandelt. Man spürt die Satisfaktionslehre Anselms von Canterbury im Hintergrund, der die Notwendigkeit des Kreuzestodes aus einer Sühneleistung herleitete. Dadurch bekommt das Werk eine gewisse Strenge, die weder zu einem Weihnachtsmärchen noch zu dem Ganzen der christlichen Botschaft passt. Der biblisch wichtigere Aspekt der Liebe tritt dahinter deutlich zurück. Während in den meisten Märchen und sogar bei Harry Potter letztlich die Liebe die einzige Macht ist, die das Böse überwinden kann, bleibt das Thema bei Lewis leider sehr blass.Auch literarisch reicht der „König von Narnia“ nicht an die Spannung und Vielschichtigkeit der anderen Romane „Herr der Ringe“, Harry Potter, Andersens „Schneekönigin“ oder an die biblische Vorlage heran. Im Vergleich zu Harry Potter fällt das völlige Fehlen von Humor auf. Problematisch ist, dass Böses durch Abstammung erklärt wird: die Hexe sei so böse, weil sie Tochter von Lilith (einer Gestalt der jüdischen Mythologie) und eines Riesen sei. Auch ernsthafte moralische Konflikte, in denen sich die Kinder bewähren müssten, gibt es nicht. Die Erzählung verläuft geradlinig und ohne größere Überraschungen - sieht man einmal von der Auferstehung des Löwen ab.
Ein Kinderbuch
Andererseits sind diese Einwände nicht überzubewerten. Es ist zu berücksichtigen, dass „Der König von Narnia“ als Kinderbuch bewusst für eine viel jüngere Altersgruppe konzipiert wurde. Es stellt sich eben immer die Frage, womit man etwas vergleicht. Spannend bleibt immer noch, was der Filmregisseur aus der literarischen Vorlage gemacht hat.Als Disneys Weihnachsmärchen ist der „König von Narnia“ allemal gehaltvoller als amerikanischer Kitsch wie „Der Grinch“ und als Fantasy-Film sicherlich deutlich familienfreundlicher als mystische Kriegsfilme wie der „Herr der Ringe“.
Harald Lamprecht
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Mi., 26.09.2007 - 17:05
Dieser Beitrag ist erschienen in
Confessio 6/2005
ab Seite 09