Ökumenefähig.
Es war eine hochkarätige Besetzung, die Ende Februar 2013 in Fulda zusammengekommen war, um über die ökumenischen Konsequenzen aus dem neuen Katechismus der Neuapostolischen Kirche (NAK) zu beraten. Ökumenebeauftragte sowie Beauftragte für Weltanschauungsfragen aus evangelischer und katholischer Kirche sowie aus mehreren Freikirchen waren der Einladung der Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen (ACK) und der Evangelischen Zentralstelle für Weltanschauungsfragen (EZW) gefolgt. Sie diskutierten drei Tage lang über die Veränderungen in der Lehre der NAK, wie sie in dem Ende 2012 erschienenen Katechismus dokumentiert sind (vgl. Confessio 4/2012, S. 4-9). Rechtfertigen diese eine Neubestimmung des Verhältnisses der ACK-Kirchen zur NAK? Kommt die NAK damit raus aus der „Sektenecke“? Welche Empfehlungen können den Kirchenleitungen gegeben werden, wenn die NAK die Gastmitgliedschaft in der Arbeits- gemeinschaft Christlicher Kirchen beantragen wird – wie dies das erklärte Ziel ist?
Ebenen unterscheiden
Sondierungsgespräche zwischen ACK und NAK finden schon seit etlichen Jahren statt. Der Abschlussbericht darüber wird auf der nächsten Mitgliederversammlung im März der ACK vorgelegt. Dr. Burkhard Neumann vom katholischen Ökumeneinstitut in Paderborn stellte in seinem einführenden Bericht über die bisherigen Gespräche heraus, dass es sehr wichtig ist, zwei Ebenen bzw. Ziele der Gespräche deutlich zu unterscheiden:
1.theologische Anfragen an die Lehre und Praxis der NAK, die vom Standpunkt des eigenen Glaubensverständnisses her gestellt werden und zu diskutieren sind, und
2.die grundlegende Klärung, ob überhaupt die Möglichkeit zu wachsenden ökumeni- schen Beziehungen besteht.
Für eine mögliche ACK-Mitgliedschaft ist nicht entscheidend, ob eine Gemeinschaft „Sonderlehren“ besitzt, die die anderen ACK-Mitglieder nicht teilen. Es geht in der ACK nicht um eine Kirchenfusion oder eine Bekenntnisunion. Vielmehr ist zu prüfen, ob die Lehren so beschaffen sind, dass sie das gemeinsame Zeugnis der Christen ermöglichen oder verhindern. Maßstab dafür ist die Satzung der ACK, in welcher der Basisformel des Ökumenischen Rates der Kirchen eine entscheidende Rolle zukommt.
Im Blick auf den bisherigen Exklusivitätsanspruch der NAK hat ein spürbarer Wandel stattgefunden. Damit ist die grundsätzliche Möglichkeit ökumenischer Beziehungen hergestellt. Wer sich exklusiv und alleinig als Kirche Jesu Christi versteht, kann keine ökumenischen Beziehungen mit anderen Kirchen eingehen. Die Anerkennung von Heil außerhalb der eigenen Kirche ist darum eine Voraussetzung ökumenischer Arbeit. Die Basisformel verweist auf den gemeinsamen Auftrag der Kirchen. Mit der grundlegenden Anerkennung der Taufe ist hier ein wichtiger Schritt getan. Im neuen Katechismus wird auch auf die Basisformel Bezug genommen. Es ist eine wachsende theologische Reflexion innerhalb der NAK zu beobachten. Eine solche Reflexion ist unerlässlich und die Begegnung mit anderen Kirchen fordert zwangsläufig dazu heraus, sich mit den Anfragen an den eigenen Glauben zu befassen. Gleichwohl darf eine vergleichsweise junge Kirche wie die NAK, die sich auch ganz überwiegend als eine Laienkirche darstellt, darin nicht überfordert werden. Gerade deshalb sei es wichtig, so Dr. Neumann, diesen Weg zu fördern und von Seiten der anderen Kirchen mit Kontakten und Begegnungen zu unterstützen. Das Misstrauen, welches den Kontrakt lange geprägt hat (auch noch heute hier und dort bestimmend ist), kann nicht theoretisch oder durch Anordnung der Verantwortlichen gelöst werden. Dies bedarf des konkreten Miteinanders. Nur dann kann Vertrauen wachsen.
Komperativisches Kirchenverständnis
Aufschlussreich für das neue Verhältnis der NAK zu anderen Kirchen ist ein Vorher–Nachher–Vergleich, wie ihn Dr. Kai Funkschmidt von der Evangelischen Zentralstelle für Weltanschauungsfragen im Blick auf die kontroversen Punkte Kirche, Apostelamt und Entschlafenenwesen vorgestellt hat.
In „Fragen und Antworten“ (F&A) hieß es noch ganz direkt: „Die Neuapostolische Kirche ist die Kirche Jesu Christi.“ Diese unmittelbare Gleichsetzung ist im neuen Katechismus einer komperativischen Struktur gewichen: in der NAK ist die Kirche wieder voll hergestellt... , sie hat eine erhöhte Autorität..., die Kirche Jesu Christi tritt dort am deutlichsten zutage, wo das Apostelamt wirkt...1. Diese Steigerungsform versucht die neuapostolische Identität zu bewahren bei gleichzeitiger Öffnung eines Raumes für die anderen Kirchen, der vorher nicht (mehr) vorhanden war. Andere Kirchen geraten jetzt explizit in den Blick, indem eine Ekklesiologie in Analogie zu den zwei Naturen Christi gebildet wird: Wie Christus eine göttliche und eine menschliche Natur habe, so stehe auch die unsichtbare verborgene Kirche des 3. Glaubensartikels (zu der folglich auch weitere Kirchen gehören) der offenbaren Kirche in Form der NAK gegenüber.2 Kritisch bleibt anzumerken, dass es in der Ökumene allerdings darum geht, mit anderen sichtbaren Kirchen in Zeugnis und Dienst zusammen zu arbeiten. Darum ist der Verweis auf die unsichtbare Kirche kein vollständiger Problemlöser. Festzuhalten ist dennoch, dass ein solches komperativisches Verständnis sachlich den Formulierungen der römisch-katholischen Kirche entspricht, mit denen im Ökumenismusdekret des 2. Vatikanischen Konzils „Unitatis Redintegratio“ die eigenen Rolle beschrieben wurde (1.3).
Doppelter Apostoliziätsbegriff
Das Apostelamt gehört zum bleibenden Identitätskern der NAK. Darum ist es nicht ver- wunderlich, dass es auch im Katechismus eine wichtige Rolle zugedacht bekommt. Veränderungen sind aber auch hier zu sehen. Hieß es in „Fragen und Antworten“ noch, der Stammapostel sei der „Repräsentant des Herrn auf Erden“ (Frage 177), so fehlen solche Aussagen im Katechismus völlig.
Die frühere Abwertung der Bibellektüre im Gegenüber zum Apostelwort ist ersatzlos weggefallen. (4.6) Bedeutsam ist die Feststellung, dass es zwei verschiedene Arten der Apostolizität gibt: Es wird nun unterschieden zwischen dem apostolischen Amt und der apostolischen Botschaft. Auf diese Weise kann die apostolische Botschaft auch in anderen Kirchen anerkannt werden, die über kein apostolisches Amt im Sinne der NAK verfügen. (6.4.1.4)
Modifizierte Geschichtsschau
Interessant sind auch die Beobachtungen zu einer veränderten Darstellung der Christentumsgeschichte. Früher hieß es, mit dem Tod der biblischen Apostel sei der Heilige Geist aus der Kirche verschwunden.
Nun ist die Stellung der NAK zur „apostellosen Zeit“ in den vergangenen 1700 Jahren Christentumsgeschichte in gewisser Weise ein Spiegel zu ihrem Verhältnis zu anderen „apostellosen“ Kirchen der Gegenwart. So gesehen sind die diesbezüglichen Veränderungen wichtig: An die Stelle früherer Papstpolemik tritt nun eigenes Interesse am „Petrusdienst“ als Bild für das Stammapostelamt. Nun gilt, dass lediglich die „sakramentale Spendung“ des Heiligen Geistes zwischenzeitlich nicht mehr bestanden habe – ansonsten kann durchaus Heiliger Geist am Wirken gewesen sein. Das ist ja auch eine notwendige Denkvoraussetzung, da die altkirchlichen Bekenntnisse wieder aufgenommen wurden und die Mitwirkung des Heiligen Geistes bei deren Entstehung nicht abgestritten werden soll.
Offenbarungsempfang?
In „Fragen und Antworten“ wurde den Aposteln zugedacht, „neue Offenbarungen des Heiligen Geistes“ empfangen zu können (Frage 178). Der Begriff „neuer Offenbarungen“ ist problematisch, weil er die Abgeschlossenheit der biblischen Offenbarung in Frage stellen könnte. Im Katechismus wurde er darum weitgehend vermieden und es ist nur noch in einer Überschrift von „gegenwärtige Offenbarungen“ die Rede. In der Sache geht es um „Einsichten über Gottes Wirken und seinen Heilsplan, die in der Heiligen Schrift zwar angedeutet, aber noch nicht vollständig enthüllt sind“, die den Aposteln durch den Heiligen Geist vermittelt werden sollen.
Neue Erkenntnisse und Einsichten auf der Basis biblischer Aussagen gewinnen auch andere Kirchen, z.B. in der Entwicklung der Trinitätslehre oder auch praktisch bei der Einführung der Frauenordination. Aber wie kann geklärt werden, ob solche Einsichten wirklich in der Bibel angelegt sind? Bei dem im Katechismus als Beispiel angeführten Entschlafenenwesen scheint dies nun gerade nicht der Fall (jedenfalls nicht in den kanonischen Büchern). Die Neuformulierung im Katechismus kann man so lesen, dass neue „Offenbarungen“ sich immer an der Bibel messen lassen müssen. Eine Wiederholung der „Botschaft“ von Stammapostel Bischoff, die in ihrem Kerngehalt krass gegen das biblische Wort steht, wäre damit ausgeschlossen. Allerdings ist diese Lesart nicht zwingend.
Schriftverständnis
Pfarrerin Annette Kick, die als Weltanschauungsbeauftragte der Württemberger Kirche die Gespräche zwischen NAK und ACK von Anfang an begleitet hatte, beleuchtete die neue Charakterisierung und Stellung der Bibel im Katechismus. Früher wurde der Heilige Geist nicht mit der Entstehung der Bibel, sondern nur mit ihrer Auslegung in Verbindung gebracht (F&A, Frage 5). Dem persönlichen Bibellesen wurde kaum Bedeutung beigemessen (Frage 4). Im Katechismus wird jetzt betont, dass Gott selbst durch seinen Heiligen Geist an der Entstehung der Schrift beteiligt war. An allen Stellen zur Predigt wird betont, dass die Auslegung auf der Hl. Schrift beruhen muss. Das war in der NAK bei weitem nicht immer so.
Abschnitt 12.1.6.3.3 („Ebenen der Wortverkündigung“) führt eine wesentliche Unterscheidung ein zwischen dem vollkommenen Wort Gottes und dem unvollkommenen Menschen, der inhaltlich und sprachlich auch fehlerhaft Gottes Wort sagt. Das ist – so Annette Kick – ein gewaltiger Schritt zur „Entsektung“, denn es ist ein wesentliches Merkmal sektenhafter Gruppen, diese Beimischung menschlicher Vermittlung zum göttlichen Wort zu leugnen.
Die Bibel wird insgesamt als Grundlage sehr ernst genommen, wobei aber in der Darstellung ein deutlicher Zug zur Harmonisierung auffällt, der unterschiedliche biblische Konzepte zu einer einheitlichen Stimme zu mischen versucht. Gelegentlich werden die Apostel in die Bibel hineingemogelt. Auch dass gerade das Johannesevangelium immer wieder als Kronzeuge für das Apostelamt bemüht wird, erscheint unpassend angesichts der Tatsache, dass gerade bei Johannes die Apostel keine besondere Rolle haben. Statt dessen sind bei Johannes wie im Bildwort vom Weinstock und den Reben alle Gläubigen gleich unmittelbar zu Christus.
Christ und Welt
In den alten „Fragen und Antworten“ kam der Mensch nur als neuapostolischer Mensch in den Blick. Die Welt außerhalb kam nicht vor. Der insgesamt harsche direktive Ton ist im Katechismus einem freundlichen väterlichen Tonfall gewichen. Ein großer Schritt besteht darin, dass die NAK sich nun als Teil der Gesellschaft beschreibt. Nächstenliebe, Toleranz, Beteiligung am öffentlichen Leben werden als positive Werte dargestellt und es soll kein Einfluss auf die politische Aktivität der Mitglieder ausgeübt werden. Im Blick auf Ehe und Familie fällt auf, dass kein fundamentalistisches Rollenbild festgeschrieben wird. Auch zum Thema „Frauen im Amt“ schweigt der Katechismus. Dazu erklärten die Apostel, dass derzeit die Tür zur Frauenordination zwar geschlossen sei, aber man wollte sie im Katechismus nicht zuschließen. In dieser Hinsicht sind also noch Veränderungen möglich, wenn sie denn auch den afrikanischen Gemeinden zuzumuten wären.
Eschatologie
Die NAK entfaltet im Katechismus einen detaillierten Plan vom Ablauf der Endereignisse, bei dem versucht wurde, unterschiedliche biblische Aussagen zu einem zusammenhängenden Konzept zu harmonisieren. Die Grundstrukturen dieses Planes sind nicht typisch neuapostolisch, sondern entsprechen Endzeitspekulationen, wie sie im Bereich der freikirchlichen Brüderbewegung (Darbysmus) üblich sind. Entscheidendes neuapostolisches Heilsziel ist dabei, mit zu denen zu gehören, die bei der Wiederkunft Christi entrückt werden und damit an der „Hochzeit des Lammes“ im Himmel teilnehmen können, während auf Erden große Trübsal herrscht. Dem Vorwurf des Exklusivismus will man auf verschiedenen Wegen wehren: Zum einen wird betont, dass auch für die Nicht-Entrückten noch Heil möglich ist – entweder, indem sie während der großen Trübsal durch das Martyrium gehen, oder ansonsten im Endgericht vor Christus als Richter treten werden. Zum anderen - und dies ist neu im Katechismus - ist die Schar der Entrückten laut Katechismus ausdrücklich nicht auf die neuapostolischen Christen begrenzt: „Die Entrückung bei der Wiederkunft Christi ist zunächst jenen zugesagt, denen die Wiedergeburt aus Wasser und Geist zuteilgeworden ist und die an Jesus Christus glauben und ihm nachfolgen. Ob darüber hinaus Gott anderen Menschen die Gnade der Entrückung zuteil werden lässt, entzieht sich menschlicher Beurteilung und unterliegt der Entscheidung Gottes.“ (10.1.2) „Erst bei der Wiederkunft Christi wird offenbar werden, wer zur Braut des Herrn zählt.“ (10.1.3)
Auch wenn in den festgehaltenen Begriffen der „Gotteskindschaft“ und in der Rede vom „Erlösungswerk des Herrn“ in Bezug auf die NAK und ihre Mitglieder die alte exklusive Sichtweise noch aufscheint, so ist sie doch im Wortlaut des Textes überwunden. Damit sind ökumenische Kontakte möglich geworden.
Die Richtung stimmt
All diesen Veränderungen ist gemeinsam, dass sie in vorsichtigen aber entscheidenden Schritten auf die anderen Kirchen zugehen, ohne dabei das neuapostolische Selbstverständnis grundlegend in Frage zu stellen. Mehrfach entstehen diese Öffnungen nicht dadurch, dass ein Sachverhalt explizit erklärt wird, sondern dass eine frühere exklusive Formulierung nicht mehr wiederholt wird. Eine Verschärfung früherer Ausgrenzungen ist nicht zu beobachten. Die Richtung geht behutsam aber deutlich hin zu mehr ökumenischer Offenheit. Dabei wurden an verschiedenen Stellen im Katechismus entscheidende Fortschritte erzielt. Der Weg zur Ökumene kann und soll damit nicht zu Ende sein, sondern all dies verlangt nach weiteren Schritten in dieser Richtung.
Geschichtsaufarbeitung
Der Umgang mit der eigenen Geschichte bleibt eine Aufgabe für die NAK, die auch in den Dialogen in Fulda angesprochen wurde. Zur Aufnahme in den Kreis der anderen Kirchen gehört auch die Aufgabe, das Verhältnis zu den eigenen „Kindern“ zu klären, die schon in diesem Kreis sind. Von Seiten der Apostolischen Gemeinschaft wird der Prozess mit Interesse und Spannung beobachtet. Eine Heilung der Verletzungen ist hier nötig. Dazu ist die Bereitschaft zum selbstkritischen Umgang mit der eigenen Geschichte eine Voraussetzung.
Reif für die ACK?
Es ist inzwischen nicht mehr zu sehen, dass das ekklesiologische Selbstbewusstsein der NAK steiler wäre als bei der orthodoxen Kirche, dass die Amtstheologie und die Abendmahlslehre ausgrenzender wäre als bei der röm.-kath. Kirche, oder dass das Entschlafenenwesen strenger zu beurteilen wäre als z.B. die adventistische Sonderlehre vom Dienst Christi im himmlischen Heiligtum seit 1874. Die ACK sollte hier nicht mit zweierlei Maß messen. Was die NAK nach dem Vorliegen dieses Katechismus von den Kirchen der Ökumene faktisch trennt, ist nicht mehr ihre Lehre. Es ist noch das Gefühl der Fremdheit. Das ist gleichwohl stärker ausgeprägt, weil die NAK stärker als die anderen Kirchen ihre Identität aus der Abgrenzung bezogen hatte und daher die Gemeindewirklichkeit zu lange völlig isoliert gewesen war. Die Änderungen sind noch zu frisch, um im Bewusstsein der Gemeinden – auf beiden Seiten! – schon verankert zu sein. Nötig sind daher Begegnungen und gemeinsame Aktivitäten, welche die Neubestimmung des Verhältnisses zu den anderen Kirchen mit Leben erfüllen. Dass solche Begegnungen zu fördern sind, war ein einhelliges und mehrfach formuliertes Ergebnis der Tagung.
Bedeutet dies auch ein Ja zur angestrebten Gastmitgliedschaft in der NAK? Es sind von den versammelten Experten in Fulda keine Aspekte vorgetragen worden, die dagegen gesprochen hätten, der NAK diesen Schritt in die organisierte Gemeinschaft der Kirchen zu ermöglichen. Im Gegenteil: Wiederholt wurde die Fairness angemahnt, der NAK nicht größere Hürden in den Weg zu legen und mehr abzuverlangen, als den bisherigen Mitgliedern der ACK. Die logische Folge all dieser Feststellungen ist ein deutliches Ja zu der Frage, ob die NAK als Gast in die Arbeitsgemeinschaft christlicher Kirchen aufgenommen werden sollte, wenn sie demnächst den entsprechenden Antrag stellt.
Dafür spricht noch ein ganz praktischer Grund. Die Bereitschaft der anderen Kirchen, auf die vielerorts erwachenden Kontaktversuche der NAK einzugehen, ist derzeit sehr schwach ausgeprägt. Vieles wird an der Basis gleich abgeschmettert mit dem Hinweis, dass die NAK ja nicht Mitglied der ACK sei. Damit beißt sich die Maus in den Schwanz, wenn der Mangel an Kontakten wiederum als Grund für eine Verweigerung der ACK-Mitgliedschaft angegeben wird. Eine Aufnahme als Gast in der ACK würde diese Basiskontakte spürbar vereinfachen und ist darum inzwischen theologisch wie praktisch angeraten.
Widerstände
Große Veränderungen bleiben nie ohne Kritik. Manche ehemalige Mitglieder der NAK, die sehr unter den Strukturen gelitten haben, trauen den Änderungen nicht und bezeichnen sie als Kosmetik für eine Kuschelökumene.3 Ökumene lebt aber davon, dass alte Feindbilder und Verletzungen überwunden werden können. Der Katechismus ist mehr als eine Predigtaussage. Er ist offizielle Lehrgrundlage der NAK. Freilich müssen diese Veränderungen sich perspektivisch auch in der Predigtpraxis der NAK niederschlagen.
Fazit
Mit der Lehrgrundlage des neuen Katechismus ist die NAK zur Ökumene fähig. Eine Garantie oder einen Automatismus für ökumenisches Engagement bedeutet dies nicht. Fähigkeiten, die nicht genutzt werden, verkümmern. Daher ist es für beide Seiten wichtig, den neuen Rahmen auch mit Leben zu füllen.
Harald Lamprecht
Zur Entstehung des Katechismus
Seit 1908 gab es in der NAK ein eigenes „Hülfs-Buch für den Religions-Kinder-Unterricht“. 1938 wurde es unter Stammapostel Gottfried Bischoff durch „Fragen und Antworten über den neuapostolischen Glauben“ abgelöst. Das Buch wurde mehrfach überarbeitet und verändert. Seine letzte Fassung stammt von 1992. Danach gab es Einlageblätter mit Korrekturen.
Eine 2001 eingesetzte Kommission zur Überarbeitung von „Fragen und Antworten“ kam zu dem Schluss, dass eine einfache Überarbeitung nicht weiter praktikabel sei, weshalb 2002 ein kompletter Neuentwurf beschlossen wurde - zunächst noch mit dem Titel „Der neuapostolische Glaube“. Drei Untergruppen erarbeiteten die Gliederungsthemen und eine 11-köpfige Steuerungsgruppe koordinierte das Geschehen. Die Textentwürfe wurden vom Stammapostel und der Bezirksapostelkonferenz redigiert und in einer späteren Bearbeitungsphase das Werk auch allen Aposteln mit der Bitte um Rückmeldungen zugesandt. Grundentscheidungen der Herausgeber waren:
•Begründung allein aus der Bibel. (Keine Zitate aus neuapostolischer Tradition)
•theologisch angemessen (Berücksichtigung von Erkenntnissen der theologischen Wissenschaft)
•Bemühen um Allgemeinverständlichkeit (weitgehender Verzicht auf Neoapostolizis- men).
Wesentliche Ziele des Katechismus:
•Einheit der Lehre nach innen (Weltweite Gültigkeit des Katechismus)
•Gesprächsfähigkeit nach außen